Die SPÖ hat ein recht umfassendes Konzept für eine rote Steuerstrukturreform ausgearbeitet, das auf langjährige sozialdemokratische Forderungen sowie ein paar kleinere Überraschungen setzt. Das entsprechende 14-seitige Papier liegt dem STANDARD vor. Es beinhaltet unter anderem geringere Abgaben für Niedrigverdiener, Vermögenssteuern und eine europäische Gesamtkonzernsteuer. Chefsozialdemokratin Pamela Rendi-Wagner möchte aber auch Unternehmer bei Investitionen entlasten und die Grunderwerbssteuer im Zuge von Erbschaften und Schenkungen bis zu einer Million Euro abschaffen.

Steuern für den Sozialstaat

In ihrem Programmentwurf verteidigt die SPÖ die österreichische Abgabenquote, die im OECD-Vergleich im oberen Drittel liegt. Sprich: Österreicher zahlen verhältnismäßig hohe Steuern. "Das reflektiert unseren gut ausgebauten Sozialstaat und die leistungsfähige Infrastruktur", argumentieren die Sozialdemokraten. ÖVP und FPÖ wollten die heimische Abgabenquote senken, zwischen 2017 und 2019 ist sie allerdings vorerst leicht gestiegen. "Es gibt keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine hohe Abgabenquote schlecht für Wachstum und Entwicklung ist", schreibt die SPÖ.

Für SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner sind Vermögenssteuern nun doch eindeutig ein Thema – betroffen sei aber nur ein Prozent der Erben.
Foto: Regine Hendrich

Außerdem sage die Abgabenquote nichts darüber aus, wer die Steuern konkret entrichtet. Und genau hier wollen die Sozialdemokraten ansetzen und umschichten. Die roten Forderungen im Überblick:

  • Vermögenssteuern: Reiche sollen mehr beitragen, geht es nach der SPÖ. Vorgesehen ist die Beibehaltung des Spitzensteuersatzes von 55 Prozent bei Jahreseinkommen über einer Million Euro. Erbschaften und Schenkungen, die man innerhalb der vergangenen 30 Jahre erhalten hat und die insgesamt mehr als eine Million Euro betragen, sollen ebenfalls besteuert werden – je nach Höhe mit 25 Prozent bis zu 35 Prozent ab zehn Millionen Euro. Im Gegenzug soll für vererbte oder verschenkte Immobilien mit einem Wert unter einer Million Euro die Grunderwerbssteuer fallen, die derzeit zu entrichten ist. Die Sozialdemokraten betonen: 99 Prozent der Erben seien nicht betroffen. Eingenommen würden insgesamt dennoch rund zwei Milliarden Euro pro Jahr.
  • Betriebsübergaben: Unternehmenserben sollen übrigens begünstigt werden: Insofern der Betrieb mindestens fünf Jahre fortgeführt wird und der Mitarbeiterstock erhalten bleibt, würden gemäß dem roten Papier nur 15 Prozent des Betriebsvermögens einer Besteuerung unterworfen.
  • Entlastung für Unternehmer: Das Konzept der SPÖ sieht aber auch ein Schmankerl für Betriebe vor. Und zwar sollen Investitionen bis Mitte 2021 vorzeitig abgeschrieben werden können – konkret "körperliche Anlagegüter" im ersten Jahr über 30 Prozent. Die restlichen 70 Prozent würden wie bisher auf ihre Nutzungsdauer verteilt. Das bedeutet: Unternehmer zahlen im ersten Jahr weniger Steuern, da durch die höhere Abschreibung ihr Gewinn geringer ausfällt. Später sind ihre Abgaben dafür etwas höher. Das Vorhaben finanziert sich somit über die Jahre selbst. Die Sozialdemokraten wollen dadurch Investitionsanreize schaffen. Im Zuge der Wirtschaftskrise 2008 wurde die Maßnahme bereits einmal umgesetzt.
  • Arbeit niedriger besteuern: Wie bereits bekannt, wollen die Sozialdemokraten außerdem die ersten 1.700 Euro aller Monatsgehälter steuerfrei stellen. Für kleine Einkommen will die SPÖ den Sozialversicherungsbonus in Form einer Steuergutschrift um 300 Euro erhöhen – bereits ab 2020 und nicht wie von ÖVP und FPÖ geplant ab 2021. Die kalte Progression will Rendi-Wagner abschaffen – nach dem Modell, das von der rot-schwarzen Regierung Kerns ausgearbeitet wurde. Die Mehrwertsteuer auf Mieten will sie streichen.
  • Öko-Steuern: Für eine CO2-Steuer möchte sich die SPÖ nur auf europäischer Ebene starkmachen – wo sich eine Mehrheit dafür nicht abzeichnet. In Österreich treten die Sozialdemokraten für eine flächendeckende Lkw-Maut, einen Klimabonus für Öffi-Pendler und eine neue Ökostromförderung ein.
  • Konzernsteuern: Innerhalb der Europäischen Union wünschen sich die Sozialdemokraten außerdem eine Gesamtkonzernsteuer, eine Finanztransaktionssteuer und eine Reform des EU-Mehrwertsteuersystems. (Katharina Mittelstaedt, 28.8.2019)