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Pro
von Andras Szigètvari

Neid und Eifersucht zählen zu den niederen Empfindungen, aber wer beneidet wird oder eifersüchtige Blicke erntet, der kann das für den eigenen Selbstwert nutzen. Hier kommen die T-Shirts mit den Städtenamen ins Spiel. Sie mögen zwar modisch nicht zur Haute Couture zählen, dafür aber helfen sie, das Gegenüber zu beeindrucken. Ein lausiges New-York-Shirt ist natürlich zu wenig. Aber wer mit Reykjavík, Ulan-Bator oder Roswell (Ufos!) auf der Brust aufwartet, kann punkten. Besonders in der grauen Winter- und Herbstzeit, wenn es ständig bei vier Grad plus nieselt, vermittelt das Shirt einen Eindruck davon, wo der Träger schon überall war und was er dort vielleicht erlebt hat.

Die Shirts bieten zudem die Gelegenheit, relativ fremden Menschen, die nur unbedacht Smalltalk führen wollen und nachfragen ("Ach, waren Sie schon in Rio?"), die Urlaubserlebnisse, die zu Hause kein Mensch mehr hören kann, noch mal zu erzählen. In voller Länge. Wer fragt, ist selbst schuld!

Kontra
von Birgit Riegler

Wer "I Love Vienna" auf der Brust trägt, outet sich als Tourist. Das sollte man vermeiden wollen. Denn einerseits lockt es Taschelzieher an, die in Touri-Rucksäcken nach Kameras und Geldbörsen stirln. Andererseits ist man ein leichtes Opfer für als Mozart verkleidete Straßenkeiler, die einem Tickets für Konzerte andrehen wollen. Und bei den Wienern erntet man herablassende Blicke, wenn man sich ihre Gunst mittels auf Stoff gedruckter Schleimerei erheischen will.

Auch mit Wahrzeichen oder anderen Stadtsymbolen auf dem Shirt reißt man kein Leiberl. Egal, ob Berliner Ampelmännchen oder Wiener Ampelpärchen. Wenn es gar nicht anders geht, kann man auf ein Stoffsackerl oder einen Turnbeutel zurückgreifen. Die kann man im Zweifelsfall schnell verschwinden lassen. Und überhaupt – auf Shirts werden nur vermeintlich coole Städte gedruckt. Aber wer zeigt Mut zu "I Love Oed" oder "Made in Pfaffenschlag bei Waidhofen an der Thaya"? (RONDO, 5.9.2019)