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Italiens Präsident Sergio Mattarella hat den bisherigen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte empfangen, um ihm den Regierungsauftrag zu erteilen.

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Der parteilose Conte will jetzt prüfen, ob die Bedingungen für den Aufbau einer tragfähigen Koalition aus der bisher regierenden Fünf-Sterne-Bewegung und den oppositionellen Sozialdemokraten vorhanden sind.

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Rom – In Italien sind die Weichen für eine Koalition aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und Sozialdemokraten, Partito Democratico (PD), gestellt. Staatspräsident Sergio Mattarella hat am Donnerstagmorgen dem bisherigen Ministerpräsidenten Giuseppe Conte den Auftrag erteilt, erneut eine Regierung zu bilden.

Conte habe am Ende eines einstündigen Gesprächs mit dem Staatsoberhaupt den Auftrag "mit Vorbehalt" angenommen, hieß es aus dem Präsidentenpalast. Damit kann der scheidende Premier beginnen, ein Regierungsteam zusammenzustellen, das sich dann einer Vertrauensabstimmung im Parlament stellen muss. Dieser Prozess dauert voraussichtlich einige Tage und ist nicht ohne Hindernisse. Wichtige Personalfragen wie die Besetzung der Ministerien sind noch offen und könnten zur Streitfrage werden. Die Sozialdemokraten wehren sich etwa dagegen, dass Fünf-Sterne-Chef Luigi Di Maio als Vizepremier im Amt bleibt.

Zweifel an zweitem Regierungsauftrag

Er wolle prüfen, ob eine tragfähige Regierung unter seiner Führung aus der Taufe gehoben werden könne, sagte Conte in einer Erklärung nach dem Treffen mit Staatschef Mattarella. Sein Ziel sei es, eine "Regierung im Zeichen des Neuen" auf die Beine zu bringen. Diese solle keine Fortsetzung des Kabinetts aus der rechtspopulistischen Lega und Fünf Sterne-Bewegung darstellen.

Der parteilose Anwalt gab zu, dass er Zweifel gehegt habe, ob er einen zweiten Auftrag zur Regierungsbildung annehmen soll. Er habe dann den Auftrag angenommen, da er weiterhin im Dienst der Gemeinschaft arbeiten wolle. Sein Traum sei der Beginn eines "neuen Humanismus" in Italien.

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Die neue Regierung soll bis Ende der Legislaturperiode 2023 halten.
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Bruch mit "Populistenkabinett"

Der PD hatte zuvor versucht, Conte als Premier abzuwehren. Kurz vor Ablaufen der Konsultationsperiode für eine neue Regierung verzichteten die Sozialdemokraten aber auf ihr Veto. Die Zustimmung zu der Personalie galt als Voraussetzung für das Bündnis zwischen den beiden ungleichen Parteien, die bisher auf Kriegsfuß miteinander gestanden waren.

"Wir lieben Italien, und wir glauben, es ist es wert, dieses Experiment zu wagen", sagte PD-Chef Nicola Zingaretti. Er forderte eine Wende in der Europa- und Migrationspolitik und einen deutlichen Bruch mit dem Stil des bisherigen "Populistenkabinetts". Di Maio erklärte, seine Bewegung wolle das Versprechen halten, das sie den Italienern gemacht habe. "Wir sind eine postideologische politische Kraft, die weder rechts noch links ist, sondern lediglich nach Lösungen für die Probleme des Landes sucht."

Ein Stolperstein könnte auch noch Di Maios Forderung sein, wonach die gemeinsame Regierung nächste Woche in einer internen Internetabstimmung von der Parteibasis genehmigt werden müsse. Erst wenn diese Hürden überwunden sind, steht die Koalition, die vor allem Lega-Chef Matteo Salvini ausbooten würde. Der scheidende Innenminister hatte das Bündnis aus Fünf Sternen und seiner rechten Lega Anfang August platzen lassen – hoffend, dass es zu Neuwahlen kommt und er Ministerpräsident wird.

Noch-Innenminister und Lega-Chef Salvini tobt

Er ist der große Verlierer der neuen Konstellation, denn er hat sich verspekuliert. Das einzige Bindemittel der beiden ungleichen Parteien sei der Hass auf ihn und seine Lega, tobte Salvini am Mittwochabend. Davor soll er versucht haben, Di Maio zur Fortsetzung der gemeinsamen Koalition zu bewegen, indem er ihm den Premierposten anbot. Das habe Di Maio dankend abgelehnt: Er denke nur an das Beste für Italien, nicht an den besten Posten für sich.

Die Fünf Sterne waren aus der Parlamentswahl im März 2018 als stärkste Partei hervorgegangen und stellen deshalb die meisten Abgeordneten und Senatoren. Der PD, der Italien von 2013 bis 2018 mit drei verschiedenen Ministerpräsidenten regierte, musste herbe Verluste einstecken. (red, APA, 29.8.2019)