Charlotte roche besucht das Penisfest Kanamara-Matsuri in Japan.

Foto: Florianfilm, Arte

Nichts wie weg mit Charlotte Roche. Ab nach Japan, um Love Rituals zu erkunden. Die Spezialistin für Feuchtgebiete ist die richtige Dame, um über das Erotikreich der aufgehenden Sonne schamfrei aufzuklären. Doch auf den Straßen Tokios sieht man nicht einmal händchenhaltende Pärchen, und auch die Mädchen auf der Wiese kichern nur. Ob sie einen Freund haben, wurden sie gefragt. Roche steht vor einer Mauer der Diskretion. Auch ihr Begleiter, Publizist Kyoichi Tsuzuki, weiß über "Gemüsejungs" zu berichten. So werden jene genannt, die auf Sex verzichten. Ein Trend in Japan. Ja, haben denn die Nachfahren der Samurai überhaupt Sex?

Auch das Gespräch mit einer weisen Geisha und ihrem Sohn enttäuscht. Dabei soll es in Japan offiziell 48 Liebestellungen geben und an die 1000 Lovehotels, wohin man geht, wenn es kribbelt. Charlotte ist verwundert. Sie sucht eine letzte Rettung in Kawasaki beim Karneval der Phallusse, dem Kanamara-Matsuri, einem "Festival des eisernen Schwanzes".

Und immerhin: Damen nuckeln an Penislollis, Jungs an Zuckervaginas, während sie Zumpferlmasken oder Zipfelhüte tragen. Omas fertigen aus Rettichen Erigiertes, Würden träger verbeugen sich vor Holzgenitalien. Da wird selbst Charlotte rot. Besonders ist sie von einem weltoffenen Priester beeindruckt, der mutmaßt, Internet würde die Japaner wieder zu echtem Sex zurückbringen. Mag sein. Aber wesentliche Fragen blieben offen. Penislollis hin, Zuckervaginas her – das Land der Kirschblüten wirkte wie ein dunkles Sexrätsel. (Ljubiša Tošić, 29.8.2019)