Bundespräsident Alexander Van der Bellen startet an diesem Sonntag offiziell die Fernseh-Existenz des Nachrichtensenders Puls 24.

Montage: ProSiebenSat1Puls4

Die Puls-24-App mit "Personen im Trend".

Foto: puls 24

Wien – Am Sonntag* wird der Bundespräsident aufs Knöpfchen drücken und einen Sender für eröffnet erklären, den es schon seit dem Frühjahr gibt. Dazu passt gut, dass Alexander Van der Bellens Knopfdruck längst aufgezeichnet war. Dazu passt nicht ganz so gut: Das Staatsoberhaupt eröffnet einen Kanal, der sich dem Live-Fernsehen verschrieben hat und mit "Life is live" wirbt.

Mit dem Präsidenten startet ProSiebenSat1Puls4 offiziell seinen Nachrichtenkanal Puls 24 im klassischen Fernsehen, Free-TV, wie man in der Branche sagt. In der Zappn-App des größten privaten TV-Konzerns im Land läuft Puls 24 schon seit Mai. Mit dem TV-Start kommt auch eine eigene Puls-24-News-App.

Nach "Café Puls" auch auf diesem ProSiebenSat1Puls4-Sender erwartet das Publikum Flächenprogramm mit halbstündlichen Newsflashes, um 12 Uhr und um 20.15 gibt es "News-Shows". Um 21 Uhr schließt sich Montag bis Freitag ein Talkformat mit wechselnden Moderatoren an, die man noch nicht verraten will. "TV-Media" kolportierte etwa Arabella Kiesbauer und Dominic Heinzl. Infochefin Corinna Milborn wird neben dem gewohnten "Pro und Contra" (Puls 4) am Sonntag um 21 Uhr mit einem Gast ausführlicher sprechen.

Ohne "Breitenecker live"

"Breitenecker live" – wie beim 2016 gestarteten oe24.tv "Fellner live" – wird es auf Puls 24 nicht geben, sagt der ProSiebenSat1Puls4-Chef. Motivierte oe24.tv zu Puls 24? Markus Breitenecker verneint das im STANDARD-Interview (unten): "Bei allem Respekt für die unternehmerischen Initiativen so mancher Printunternehmen: Das ist nicht die Benchmark." Breitenecker erklärt den Sender als Unterscheidungsmerkmal von Streamingplattformen. Quotenziele nennt er nicht, oe24 hatte im Ibiza-Mai 2019 einen Spitzenwert von 0,4 Prozent Marktanteil. Seit Mitte August druckt Wolfgang Fellners Österreich das Puls-4-Programm nicht mehr ab.

Warum kommt der Newssender erst jetzt, der laut Breitenecker "schon immer ein Traum" war? Er arbeitete erst andere Großprojekte wie Übernahme und "Turnaround" von ATV ab. Und er brauchte die Unterstützung der Eigentümer, des deutschen TV-Konzerns ProSiebenSat1 für die "recht große Investition" Puls 24, die er nicht beziffern will. Nur so viel: Allein in die Technik investiere man vier Millionen Euro.

Im Wahlkampfmonat September ist dieses Puls 24 größtenteils ein Newssender, er übernimmt auch die zehn Hauptabend-Wahlformate von Puls 4.

STANDARD-Analysen

Puls 24 soll mit anderen Medienhäusern kooperieren, Breitenecker will "alle gern für Einzelprojekte oder langfristige Partnerschaften gewinnen. Im September analysiert dort freitags im Vorabend DER STANDARD mit Expertinnen den Wahlkampf.

Im Oktober bekommt die zweite Säule mehr Gewicht: Übertragung von Veranstaltungen. "Betriebsmittel" nennt Stefanie Groiss-Horowitz, Senderchefin von Puls 4 und Puls 24, die Events im STANDARD-Interview. Finanzielle Beiträge der Veranstalter sind willkommen – Bezahlfernsehen, quasi. Das können Pressekonferenzen oder Demos sein, Konferenzen wie der Salzburg Summit der Industriellenvereinigung mit Sebastian Kurz oder Breiteneckers Digitalfestival 4Gamechangers, Neustifter Kirtag oder Musikfestivals. Breitenecker: "Billie Eilish vom Frequency Festival zu übertragen wäre der Traum aller Träume. Das werden wir nicht so leicht kriegen."

Am Samstaghauptabend platziert Puls 24 die Studioshow "Life is live" mit Schaltungen zu und Beiträgen über Events – das klingt nach Dominic Heinzl.

Fellners oe24.tv "ist nicht die Benchmark"

"Das war immer schon ein Traum und ein Plan von mir": ProSiebenSat1Puls4-Chef Markus Breitenecker über den Newssender Puls 24. Ihn leitet Stefanie Groiss-Horowitz neben Puls 4.
Foto: Bernhard Eder / ProSiebenSat1Puls4

STANDARD: Wenn Sie jemand vor fünf Jahren gefragt hätte, ob Sie einen TV-Nachrichtensender für Österreich gründen wollen: Was hätten Sie gesagt?

Breitenecker: Ja, natürlich!

STANDARD: Und warum hat es dann so lange gedauert?

Breitenecker: Das war immer schon ein Traum und ein Plan von mir. Ich starte das nächste Projekt, wenn das vorige auf Schiene ist. Wir hatten einige Großprojekte in den vergangenen Jahren, wie den erfolgreichen Turnaround von ATV. Puls 24 ist eine recht große Investition, da braucht man auch die Eigentümer dahinter.

STANDARD: Wie kann man sich eine recht große Investition in Zahlen vorstellen?

Breitenecker: Ein signifikantes Millioneninvestment.

STANDARD: Einstellig?

Breitenecker: Kann ich nicht bestätigen.

STANDARD: Zweistellig?

Breitenecker: Kann ich nicht bestätigen. Aber allein das Technik-Investment hier an unserem Standort in Wien beträgt mehr als vier Millionen Euro.

STANDARD: Und Sie hat zu Puls 24 nicht der eine oder andere inzwischen gestartete Newssender motiviert – zum Beispiel oe24?

Breitenecker: Nein, das hat keinen Einfluss. Der strategische Hintergrund von Puls 24 ist, dass wir uns von den großen amerikanischen Streaminganbietern unterscheiden. Wir sind im Gegensatz zu diesen österreichisch, live und ein tagesaktuelles journalistisches Produkt.

STANDARD: Oe24 hatte im Ibiza-Monat Mai 2019 ein Quotenhoch 0,4 Prozent laut Teletest, viermal mehr als im Mai 2018. Wird Puls 24 da mithalten können, mit Formaten wie "Fellner live"? Was ist die Maßzahl?

Breitenecker: Bei allem Respekt für die unternehmerischen Initiativen so mancher Printunternehmen: Das ist nicht die Benchmark.

STANDARD: Was ist die Benchmark?

Breitenecker: Ein journalistisches Projekt mit Anspruch und Haltung auf den Markt zu bringen, das uns unterscheidet von den großen Streaminganbietern und Social Media. Und dass wir damit in Public Value der Gesamtgruppe investieren. Wir nehmen mehr Journalisten auf, als wir bisher gehabt haben.

STANDARD: Nachdem bei der ATV-Übernahme einige gegangen sind.

Breitenecker: Wir haben in der ATV-Redaktion keine Stellen abgebaut. Dass einzelne Menschen kommen und gehen, passiert immer.

STANDARD: Wie viel mehr Journalisten haben Sie nun mit dem Projekt?

Breitenecker: Insgesamt haben wir für Puls 24 35 Redakteure und Mitarbeiter mehr als vorher. Wir bestreiten die Newsberichterstattung auf allen Kanälen aus der neuen Puls-24-Redaktion mit Ausnahme von ATV, die eine eigenständige Redaktion haben.

STANDARD: Puls 24 ist also eine Art Agentur für die ProSiebenSat1Puls4-Gruppe.

Groiss-Horowitz: Wir hatten bei Puls 4 viele sehr eigenständig arbeitende Redaktionen – für "Café Puls", für die News, für Talk ... Wir bauen nun einen zentralen Newsroom und heben damit sehr viele Synergien, machen viele Dinge nicht mehr doppelt. Damit kriegen wir journalistische Schlagkraft frei. Es ist uns gut gelungen, den Workflow umzubauen, deshalb können wir tatsächlich zu den bestehenden Programmleistungen noch einen Sender dazustellen.

STANDARD: Sie haben bei Puls 4 Redaktionen zusammengelegt und Synergien gehoben, das heißt meist weniger Leute ...

Groiss-Horowitz: Nein, keinerlei Stellenabbau, sondern ein Stellenaufbau mit neuen Aufgaben in einer neuen Redaktion. Das macht journalistische Kraft frei, die wir rausschicken können, um Geschichten zu machen. Mit dem Umbau produzieren mehr Menschen Inhalte und weniger Menschen administrieren. Wir haben es geschafft, die Fernsehabläufe so zu organisieren, dass wir von früh bis spät dort sein können, wo etwas passiert.

STANDARD: Und was sehe ich auf diesem Sender nun eigentlich?

Groiss-Horowitz: Puls 24 hat zwei Säulen, es ist ein News- und Eventsender. Wir berichten über die politisch und gesellschaftlich relevanten Ereignisse in Österreich und international, die für Österreich relevant sind. Die zweite Säule: Es gibt viele spannende Veranstaltungen, das wird ein Betriebsmittel von Puls 24.

STANDARD: Wie 4Gamechangers von Markus Breitenecker.

Breitenecker: Ich kann schon hier exklusiv vermelden, dass wir 4Gamechangers 2020 live auf Puls 24 zeigen.

STANDARD: Überraschung.

Groiss-Horowitz: Man kommt mit Puls 24 dorthin, wo es gerade spannend ist, man aber sonst nicht hinkäme.

STANDARD: Zum Beispiel das Salzburg-Summit der Industriellenvereinigung mit Sebastian Kurz – darüber hat Puls 4 ja beispielsweise berichtet.

Breitenecker: Von Demos über Pressekonferenzen bis zu Digitalkonferenzen und Digitalfestivals bis hin zu Bällen. Mit Puls 24 covern wir, was es draußen gibt. Keine Fiction, keine inszenierten Shows.

STANDARD: Es wird sich also nicht von der nächsten Silicon-Valley-Reise von Sebastian Kurz Markus Breitenecker als Außenreporter melden?

Breitenecker: Doch, warum nicht?

STANDARD: Also doch auch inszenierte Shows?

Breitenecker: Ach so, das ist eine lustige Polemik.

STANDARD: Sieht man dann auch den Neustifter Kirtag?

Groiss-Horowitz: Selbstverständlich.

Breitenecker: Wenn Politiker ihren Showplattler machen, oja.

STANDARD: Pannonia Fields?

Breitenecker: Das wäre ein Traum! Diesen September sind wir ausschließlich Wahlkampfsender. Aber es wird im nächsten Sommer Phasen geben, wo Festivals ein Thema sind. Billie Eilish vom Frequency Festival zu übertragen wäre der Traum aller Träume. Das werden wir nicht so leicht kriegen.

STANDARD: Zahlen die Veranstalter für die Übertragung?

Groiss: Es wird Veranstaltungen geben, wo wir uns um ein Übertragungsrecht bemühen. Und es wird Veranstaltungen geben, wo wir kooperieren. Und solche, wo wir versuchen, Pakete zu schnüren, die für beide Seiten interessant sind.

Breitenecker: Wir sind aber in guten Gesprächen mit dem 4Gamechangers-Festival.

Groiss-Horowitz: Aber es sind harte Verhandlungen.

STANDARD: News live und Veranstaltungs-TV also. Und wann seh' ich was?

Groiss-Horowitz: Wochentags werden wir sehr aktuell und newslastig sein, gegen Wochenende konzentrieren wir uns dann mehr auf gesellschaftliche Ereignisse.

Breitenecker: Wir reden jetzt von Step zwei. Step eins ist ausschließlich News. Die nächsten Wochen konzentrieren wir uns auf die innenpolitisch extrem spannende Zeit des Wahlkampfs und der Regierungsbildung. Live-Events sind der nächste Ausbauschritt.

STANDARD: Welche Fixpunkte gibt es also?

Groiss-Horowitz: Puls 24 übernimmt in der Früh "Café Puls". Danach gibt es eine Livestrecke bis 12 Uhr, unterbrochen von News-Updates zur vollen und zur halben Stunde. Zwei große News-Shows gibt es um 12 Uhr und um 20.15 Uhr ...

Breitenecker: ... zusätzlich zu den News-Shows auf den anderen Sendern, die auch von Puls 24 produziert werden.

Groiss-Horowitz: Im Wahlkampf-September werden wir Sendungen haben, die parallel auf Puls 4 und Puls 24 laufen, etwa die zehn Hauptabend-Wahlshows. Im Regelbetrieb laufen die Sendungen nicht parallel auf zwei Sendern.

STANDARD: Fehlt noch das Genre Talk. "Breitenecker live" zum Beispiel.

Breitenecker: Ich werde nicht moderieren. Aber wir arbeiten an Stars aus unserer Gruppe für Puls 24.

Groiss-Horowitz: Nach der News-Show um 20.15 Uhr kommt täglich eine große Talkshow. Wir ziehen nicht eine Marke durch. Wir haben an jedem Wochentag ein Format.

STANDARD: Wer aller moderiert diese sieben Formate?

Groiss-Horowitz: Das werden wir bis Oktober präsentieren. Corinna Milborn wird neben "Pro und Contra" am Sonntag eine neue Corinna-Milborn-Show moderieren, in der sie sich sehr intensiv mit einem Gast auseinandersetzt. Wir haben zwei hochkarätige Zugänge für Puls 24, die wir spätestens nach der Wahl präsentieren wollen.

STANDARD: Wer ist das? "TV-Media" schreibt von Verhandlungen mit Arabella Kiesbauer und Event-Einstiegen von Dominic Heinzl.

Breitenecker: Es wird mehrere Personalitys geben.

STANDARD: Und es wird sieben Tage die Woche um 21 Uhr getalkt?

Groiss-Horowitz: Bis auf Samstag, da gibt es ab 20.15 Uhr die studiobasierte Show "Life is live". Das ist unsere Basisstation für Events.

STANDARD: Sie verhandeln mit anderen Medienhäusern über Sendungsformate – mit wie vielen denn, und was ist fix?

Breitenecker: Wir sind prinzipiell auf Zusammenarbeit und Kooperation ausgelegt. Das Motto des 4Gamechangers-Festivals ist "The Power of Cooperation". Das wollen wir leben. Wir sprechen mit allen gerne und wollen alle gerne für Einzelprojekte oder langfristige Partnerschaften gewinnen. Vieles ist weit gediehen, fix ist noch nichts. Wir haben nur dann eine Chance gegen die internationalen Giganten, wenn wir uns hier auf österreichischer Ebene nicht bekriegen, sondern zusammenarbeiten. (Harald Fidler, 29.8.2019)