Sämtliche Maßnahmen zum kompletten Stopp von CO2-Emissionen in Österreich zumindest einmal zeitgleich ausrollen. Eine Anleitung, wie das eigene Unternehmen die 17 UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung erreicht. Oder eine kostenlose Qualitätszeitung, die die Zusammenhänge des Klimawandels verständlich macht und den Menschen aufzeigt, was sie täglich dagegen tun können: Die Ideen, die am Ende der drei Seminartage auf bunte Kärtchen an der Wand geschrieben wurden, sind zahlreich und vielfältig; sie reichen von radikal bis moderat, von sehr konkret bis recht allgemein. Doch alle drehen sich im Kern um eins – um die Frage, wie man der Klimakrise entgegenwirken kann. Als Einzelkämpfer, als Start-up, als Unternehmen und als Gesellschaft als solche.

Zuhören, verstehen und selbst aktiv werden – der Dreischritt bei "Make Shift".
Foto: EFA / Matteo Vegetti

Das Europäische Forum Alpbach hat den Klimawandelt entdeckt – das war in diesem Jahr mit Händen zu greifen. Kaum ein Panel, kaum ein Diskussionsformat oder Kamingespräch im Tiroler Bergdorf, das die Querschnittsmaterie Klima nicht zumindest gestreift hat. Vertreterinnen und Vertreter der Fridays for Future, von Umwelt-NGOs und aus der Ökologiebewegung waren beim Forum zu Gast und auf Podien präsent.

Doch kaum wo ging es so konkret zur Sache wie in der neuen Leadership-Reihe "Make Shift". Führungskräfte aus unterschiedlichen Bereichen der Wirtschaft, aus Unternehmen, Start-ups und NGOs zu Treibern des ökologischen Wandels zu machen – das war das Ziel der Seminarreihe mit 24 Teilnehmenden.

Klimawandel auf den Mond schießen

Inhaltlich stehen zwei Frauen hinter "Make Shift": Charlotte Steenbergen, Geschäftsführerin des Vereins Europäisches Forum Alpbach, und Anna Handschuh, die im Wirtschaftsbeirat des Forums sitzt. Am Konzept bastelten das Climate Change Centre Austria und das europaweite Innovationsnetzwerk Climate KIC mit, an Bord sind Vertreter der Fridays for Future. "Wir haben das Thema ökologische Wende schon lange auf dem Plan", erzählt Steenbergen, "doch es war schwer zu platzieren am Forum." Jetzt, wo nach den Hitzesommern die Klimakrise für die Menschen körperlich spürbar ist, sei die Zeit reif. "Das ist ein Momentum, das wir nutzen müssen."

Aktives Zuhören, anstatt nur auf die erste Gelegenheit zu warten, die eigene Meinung zu platzieren: Daran wurde im Seminar immer wieder gearbeitet.
Foto: EFA / Matteo Vegetti

Wie kann es gelingen, in einer komplizierten Arbeitsumgebung sehr schnell Koalitionen für völlig neue Lösungen zu finden? Welche Kommunikationsstrategien wirken, um Geldgeber, Geschäftsführer und Mitarbeiter von der Dringlichkeit eines Themas zu überzeugen und die eigene Verantwortung klarzumachen? Wie können neue Geschäftsmodelle aussehen, die Firmen zum Teil der Lösung anstatt des Problems machen? Das waren einige der zentralen Fragen, an denen die Teilnehmenden, angeleitet durch hochkarätige Coaches und Vortragende, an den drei intensiven Seminartagen arbeiteten.

Nachdenken mit Jeffrey Sachs

Gesetzt wurde abwechselnd auf Vortragseinheiten, Coachingelemente und partizipative Module. Am Ende haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit dem US-Ökonomen und Bernie-Sanders-Berater Jeffrey Sachs über die Notwendigkeit der grünen Wende diskutiert, Strategien eingeübt, wie sich festgefahrene Denk- und Kommunikationsmuster überschreiben lassen, haben mit dem Geologen Martin Stuchtey über die Schritte zur Kreislaufwirtschaft nachgedacht und zuletzt konkrete Projekte ausgeheckt, die nach dem Seminar umgesetzt werden sollen.

"Wir dürfen keine Zeit verlieren": US-Ökonom und Bernie-Sanders-Berater Jeffrey Sachs.
Foto: EFA / Matteo Vegetti

"Wir wollen mit ,Make Shift' einen ersten Stein ins Rollen bringen", sagt Steenbergen. "Die von den Teilnehmern geplanten Projekte sollen übers Jahr weitergetragen und realisiert werden." Das Forum bietet dafür sein Netzwerk, organisiert weiterführende Treffen und Austausch. "Der kleine Rahmen ist dafür wichtig, so können alle voneinander lernen." Die vielfältigen Hintergründe der Teilnehmer sieht Steenbergen auch insofern als Vorteil. Wer im echten Leben sehr schnell etwas Radikales umsetzen wolle, müsse auch damit umgehen, dass Menschen in unterschiedlichen Kontexten verankert sind und denken. Etwas Radikales schnell umsetzen – das ist angesichts der Dringlichkeit der Klimakrise wohl ein angemessenes Ziel. "Moon Shots" wurden im Seminar dann auch die Ideen und Konzepte für den Wandel genannt, die jetzt ihrer Umsetzung harren. Das erste Folgetreffen, bei dem die Teilnehmer ihre Pläne in die nächste Phase bringen wollen, ist schon in wenigen Wochen anberaumt. (lima, 1.9.2019)

Vor 30 Jahren hätten wir die Klimakatastrophe verhindern können. Warum haben wir es nicht gemacht? die Antwort darauf hören Sie in Edition Zukunft – der Podcast über die Welt und das Leben von morgen.