Friedrich Merz drängt zur Tat, gibt sich aber zuversichtlich. In Alpbach traf er Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner.

Foto: APA / NLK / Reinberger

Alpbach – Mag es im Wahlkampf im Osten Deutschlands gerade nicht besonders rund für die CDU laufen, im fernen Bergdorf Alpbach in Tirol übte sich ein prominenter Christdemokrat Donnerstagfrüh in hartnäckigem Optimismus. "Wir haben eine Million Wähler an die AfD verloren, wir können die Hälfte wieder zurückgewinnen", behauptete Friedrich Merz, aktuell Mitglied des Wirtschaftsrates der CDU, Anwalt und Lobbyist, beim "Europafrühstück" der niederösterreichischen Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner am Rande des Europäischen Forums Alpbach.

Merz' Optimismus hat einen Haken: Die anderen Parteien müssten eine Alternative zur AfD bieten, sagt er. Denn die sei mittlerweile etabliert. Der ehemalige Merkel-Konkurrent, der 2018 für den CDU-Vorsitz kandidierte (und unterlag), wäre kein prononcierter Wirtschaftsliberaler, sähe er nicht die Lösung unter anderem in einem wirtschaftsfreundlicheren Kurs.

Und er redete den bürgerlichen Eliten, auch den in Alpbach anwesenden, politisch ins Gewissen: "Wenn Sie jeden politischen Kompromiss automatisch als ,faul' bezeichnen, ist es kein Wunder, dass Populisten mit einfachen Lösungen Wahlen gewinnen."

Merz betonte, Europa müsse sein Schicksal endlich selbst in die Hand nehmen. Die Zeit der Pax Americana, sei vorbei. Die Europäische Union stehe an einer Zeitenwende und müsse sich endlich entscheiden, ob es eine Rolle in der Welt spielen wolle – und diese dann konsequent spielen.

EU braucht Projekte

Für Europa hoffe er, dass die "Schnapsidee" einheitlicher europäischer Spitzenkandidaten nun, nach der EU-Wahl, "durch" sei. Man könne nicht so tun, als sei das Europäische Parlament eine normale Volksvertretung – oder die EU-Kommission eine Regierung im herkömmlichen Sinne. Wie die EU ihre Demokratie weiterentwickeln wolle, darüber müsse sie bald einig sein. Und es brauche große europäische Projekte. Dass das letzte, der Airbus, 50 Jahre zurückliege, sei bezeichnend.

Merz ließ durchblicken, dass er Neuwahlen vor der deutschen EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2020 für sinnvoll hält. Deutschland müsse eine starke Rolle in der EU übernehmen und gleichzeitig Rücksicht auf die kleinen Staaten nehmen.

Wie sich die CDU inhaltlich aufstellen solle? In die Wirtschaftspolitik müsse "Vernunft" einkehren, fordert Merz. Besonders am bedingungslosen Grundeinkommen kann Merz nichts Gutes finden. Im "Hochsteuerland" Deutschland müsse sich einiges ändern.

Ob er selbst Teil eines künftigen CDU-Regierungsteams sein werde, hält sich Merz offen. Dass er gewillt ist, eine Rolle zu spielen, daraus machte Merz kein Hehl. (Petra Stuiber, 30.8.2019)