Der zehnten Generation des Kindle Oasis hat Amazon eine verstellbare Farbtemperatur für das Display verpasst.

Foto: hsu

Amazon hat einen neuen E-Reader auf den Markt gebracht. Der Kindle Oasis löst den gleichnamigen Vorgänger aus dem Jahr 2016 ab – und hat vor allem eine große Neuerung zu bieten: die Beleuchtung des E-Readers kann nun farblich eingestellt werden, um ihn angenehmer für die Augen zu gestalten. In der günstigsten Ausführung ist der E-Reader für 230 Euro zu haben. Der STANDARD hat ein Testgerät von Amazon erhalten.

Technische Eigenschaften

Das Gerät unterscheidet sich sowohl technisch als auch optisch kaum von seinem Vorgänger. Neben der neuen Farbtemperatur kommt laut Amazon eine verbesserte E-Ink-Technologie zum Einsatz. Der E-Reader wiegt 188 Gramm und ist in zwei Farben erhältlich: Gold und Grau.

Den Kindle Oasis gibt es drei verschiedenen Ausführungen: 8 GB, 32 GB oder 32 GB mit integrierter und kostenloser LTE-Verbindung, die mobiles Herunterladen von Büchern und Audiobüchern ermöglicht. Wie sein Vorgänger und der Amazon Kindle Paperwhite ist das neue Gerät auch wasserfest.

Das Aussehen

Der neue E-Reader von Amazon ist eine Augenweide. Die goldene Aluminium-Rückseite verleiht dem Gerät einen schicken Flair und fühlt sich in den Händen hochwertig an. Der Bildschirm ist matt, spiegelt nicht und hinterlässt ein angenehmes Gefühl auf den Fingerspitzen. Sowohl Vorder- als auch Rückseite des Premium-E-Readers sind jedoch anfällig für Schmutz und Fingerabdrücke – Flecken fallen sofort auf.

Das goldene Aluminiumgehäuse hat einen hochwertigen und schicken Look.
Foto: hsu

Die Rückseite des Geräts ist nahtlos, und sowohl der Einschaltknopf als auch die beiden Tasten auf der Vorderseite des Geräts, die zum Umblättern gedacht sind, fühlen sich widerstandsfähig und zuverlässig an. Auf der Rückseite befindet sich eine Erhöhung, die vermutlich als Griff dienen oder den Akku unterbringen sollte.

Ergonomie

Das Gerät ist dünn und aufgrund seines Aluminiumgehäuses rutschig in den Händen. Der Lieferumfang des E-Readers beinhaltet keine Hülle, diese kostet 40 Euro aufwärts. Auch wenn der Kindle ohne Hülle schön, teuer und hochwertig aussieht, erweist sich die Beschaffenheit des E-Readers als gleichermaßen zerbrechlich und fragil.

Weder in den Händen noch beim Ablegen auf Tisch- und Glasflächen fühlt sich das Gerät robust oder widerstandsfähig an. Auch bietet die glatte Oberfläche keinerlei Halt, was die Handhabung des teuren Geräts – ohne den Schutz einer Hülle – gewissermaßen unangenehm macht. In seiner nackten Form handelt es sich beim Kindle Oasis um keinen E-Reader, den man überall – auf den Strand oder in die Straßenbahn – mitnehmen würde.

Ohne Hülle liegt der Kindle Oasis alles andere als gut in der Hand – vor allem für den Outdoor-Gebrauch ist er ohne Schutz nicht zu empfehlen
Foto: hsu

Die Knöpfe für das Umblättern von Seiten sind hingegen angenehm platziert – durch den Wende-Sensor können sie sowohl mit der linken als auch mit der rechten Hand bedient werden.

Der Bildschirm

Wie beim Vorgänger misst der Bildschirm 7 Zoll – ein Zoll mehr als der des wohl größten Oasis-Konkurrenten, des Amazon Kindle Paperwhite. Die E-Ink-Technologie des E-Readers kann Bilder und Schrift in 16 Graustufen darstellen und besitzt 24 LED-Lampen, die bei verschiedensten Lichtverhältnissen das Display gleichmäßig erhellen können. Zusätzlich verfügt das Gerät über Lichtsensoren, die die Beleuchtung automatisch anpassen können. Im Test erwies sich diese Funktion jedoch als störend, da der ständige Wechsel zwischen den Stufen erkennbar ist und vom Lesen ablenkt.

Der Bildschirm mit E-Ink-Technologie ist gut ausgeleuchtet und überzeugt mit gestochen scharfer Schrift.

Der Bildschirm enttäuscht jedoch nicht – die Schrift ist knackig, scharf und kontrastreich. Die E-Ink-Technologie lässt die Seiten aussehen wie echtes Papier, und in einem normal bis spärlich erhellten Raum ist die zusätzliche Beleuchtung nicht unbedingt erforderlich.

Die große Neuerung – das warme Licht

Seit dem letzten Kindle-Oasis-Modell hat sich erstaunlich wenig verändert – eine angenehme Neuerung ist jedoch die einstellbare Farbtemperatur der Display-Beleuchtung. Es ist erwiesen, dass eine Reduzierung von Blautönen in Bildschirmen positive Auswirkungen auf den Schlafrhythmus hat.

Die Farbe der Kindle-Oasis-Beleuchtung lässt sich nun auf ein warmes Orange verstellen.
Foto: hsu

In 24 Stufen lässt sich die Displayfarbe von einem leichten Orangestich bis hin zu einer starken Bernsteinfarbe einstellen. Die Justierung der Farbtemperatur kann sich auch an einem Zeitplan orientieren – entweder passt sich die Wärme des Lichts automatisch an Sonnenauf- und -untergang an, oder sie richtet sich nach den Zeitvorgaben des Nutzers.

Der neue Farbton erweist sich im Test als wohltuend und augenschonend. Neben dem Effekt für die Nutzung gibt es auch einen weiteren, ästhetischen Pluspunkt: Der Orangestich verleiht dem ohnehin papierähnlichen und sehr scharfen Display einen noch realistischer wirkenden Papierlook.

Akkulaufzeit

Schaltet man das Gerät das erste Mal ein, prahlt es mit seiner langen Akkulaufzeit. "Hält Wochen, nicht nur Stunden", verkündet ein Schriftzug. Auch auf der Amazon-Website heißt es, das Gerät würde mit einer vollen Ladung bis zu vier Wochen lang halten – im Offline-Modus, bei einer Helligkeitsstufe von 13 und einer halben Stunde Lesezeit pro Tag.

Bei aktiver WLAN-Verbindung und mittlerer Helligkeitsstufe hält das Gerät keine Wochen, sondern Stunden. Während des Tests konnte bei einer dreistündigen Leseeinheit förmlich beobachtet werden, wie rasch der Energiestand sinkt. Nach vier Tagen im Gebrauch musste das getestete Gerät wieder aufgeladen werden. Verwendet man es jedoch permanent im Offline-Modus, hält es deutlich länger durch.

Fazit

Amazon nennt den Oasis liebevoll seinen "besten Kindle" – er ist zweifelsohne der teuerste. Die verstellbare Farbtemperatur ist eine gelungene Neuerung – und enttäuschenderweise auch die einzige. Drei Jahre ist nun die letzte Oasis-Generation her, und die fehlende Innovation des neuen Modells zeugt von der Entwicklungsfaulheit, die Amazon aufgrund seiner Konkurrenzlosigkeit im E-Reader-Bereich entwickelt zu haben scheint.

Der hohe Preis ist gänzlich unberechtigt, vor allem wegen der fehlenden Neuerungen. Für das Ladegerät entschied sich Amazon, den USB-2-Anschluss des Vorgängers zu behalten – im Jahr 2019 ist ein fehlender USB-C-Anschluss unverzeihlich, besonders für ein Luxusgerät um 230 Euro, aufwärts. Enttäuschend ist zudem, dass keine 5-GHz-WLAN-Verbindung unterstützt wird, ein weiterer Punkt, der Fragen bezüglich der dreijährigen Entwicklungsphase aufwirft.

Der Kindle Oasis ist ein schöner und hochwertiger E-Book-Reader. Der größte Kritikpunkt am Luxus-Kindle-Modell ist wohl der Preis. Besonders die Fülle an Funktionen des Kindle Paperwhite, der rund 100 Euro günstiger ist, lässt über die Rechtfertigung der Bepreisung wundern. Jemandem, der sich den neuen Kindle Oasis kaufen möchte, kann daher nur zu einem genauen Produktvergleich geraten werden. (Tiana Hsu, 4.9.2019)