Berlin – Der in der deutschen SPD gut vernetzte frühere Sprecher des Parteivorstands, Tobias Dünow, reagiert mit scharfer Kritik auf die angekündigte Bewerbung des Satirikers Jan Böhmermann um den Parteivorsitz. "Sich über Politik und Parteien lustig zu machen war mal mutig. Heute ist es 'Mainstream', in der Politik würde man sagen: Populismus", schrieb Dünow am Freitag auf Twitter. Kritiker äußerten bereits Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Böhmermanns Plänen.

janboehm

Böhmermann lebe wie jeder Künstler von der Grenzüberschreitung. "Aber die große Kunst besteht darin zu wissen, welche Grenzen man nicht überschreitet", schrieb Dünow. Denn Demokratie brauche ein Mindestmaß an Würde. "All das müsste ein kluger Mensch wie Böhmermann wissen." In Klammern fügte er an: "PS: Natürlich sind wir auch selbst schuld."

"Aus Staatskrise lernen"

Mit Blick auf Böhmermanns Schmähgedicht über den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan, das für diplomatische Verwicklungen gesorgt hatte, schrieb Dünow: "Böhmermann hat sich sehr darüber erschrocken, als er mal aus Versehen eine Staatskrise ausgelöst hat. Kann passieren. Sollte man aber daraus lernen."

Böhmermann hatte am Donnerstag in seiner TV-Show "Neo Magazin Royale" angekündigt, SPD-Chef werden zu wollen, und eine Kampagne unter dem Hashtag "#neustart19" ausgerufen. Willy Brandt sei ihm im Traum erschienen und habe ihm gesagt: "Du musst es machen, der Olaf (Scholz) ist 'ne Pfeife." An die Adresse der Parteimitglieder sagte der Entertainer: "Ich bin bereit, die SPD zu retten, wenn ihr mir dabei helft."

Er beteuerte, die Aktion sei kein Witz. Die Bewerbungsfrist für die Nachfolge von Andrea Nahles läuft am Sonntag um 18 Uhr ab.

Jedoch müsse er noch drei Herausforderungen bewältigen, schreibt der 38-Jährige auf seiner Website: "1. Formell muss die Kandidatur für den Parteivorsitz bis Sonntag um 18 Uhr eingereicht sein. 2. Ich brauche bis dahin die Unterstützung von fünf SPD-Unterbezirken, einem Bezirk oder einem Landesverband. 3. Ich brauche bis dahin eine gültige Mitgliedschaft in der SPD."

Auf die Frage, was ihn für den SPD-Vorsitz qualifiziere, erklärt Böhmermann: "Meine Heimat ist das sozialdemokratische Basisland Bremen. Ich habe mich aus einfachen sozialen Verhältnissen mit größtenteils öffentlichen Geldern hochgearbeitet – hierhin, zu ZDF Neo. Eine klassische Gerhard-Schröder-Biografie." Die SPD solle auch bedenken, dass er dreimal so viele Twitter-Follower wie die restlichen SPD-Funktionäre zusammen habe. (APA, red, 29.8.2019)