Wien/Alpbach – Die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) behält ihre Wachstumsprognose für 2019 bei, die zum Halbjahr von zwei auf 1,5 Prozent abgesenkt wurde. Für das Jahr 2020 gibt es zwar vorerst keine offizielle Aktualisierung der Prognose, die zum Halbjahr bei 1,6 Prozent lag. Da es große Unwägbarkeiten für nächstes Jahr gibt, dürfte die Prognose aber wohl noch auf unter 1,5 Prozent abgesenkt werden.

"Wir nehmen an, dass wir die Prognose unter 1,5 Prozent absenken müssen, aber jetzt ist es noch zu früh", sagte OeNB-Gouverneur Ewald Nowotny bei einem seiner letzten öffentlichen Auftritte in dieser gewichtigen Funktion in Alpbach. Es herrschen viele Unsicherheiten. Mit dem September-Beginn übernimmt statt des früheren SPÖ-Politikers Nowotny der FPÖ-nahe Robert Holzmann.

Etwas geringeres Wachstum

Die recht positive Prognose der Nationalbank für heuer ergibt sich trotz bereits gegebener negativer Risikofaktoren. "Sie ist eher auf der positiven Seite, aber das, was sich auf Basis unserer Studien ergibt", sagte Nowotny am Rande der Finanzmarktgespräche beim Forum Alpbach vor Journalisten. Die Exporte hätten eine ausgeglichene Struktur, davon profitiere Österreich. Die Wachstumsprognose allein fürs dritte Quartal wurde allerdings von 0,4 Prozent auf 0,2 Prozent gegenüber dem zweiten Quartal zurückgenommen. Das Wachstum im vierten Quartal gegenüber dem dritten soll noch bei 0,3 Prozent liegen.

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Die OeNB dürfte ihre Wachstumsprognose für 2020 wohl leicht senken.
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Nowotny beruhigte im Zusammenhang mit dem BIP-Wachstum Österreichs damit, dass die Alpenrepublik deutlich besser dastehe als Deutschland. Hierzulande bliebe aber vor allem der private Konsum tragende Säule des Wachstums. Das liege auch an den zuletzt hohen Lohnabschlüssen. Auch der Wohnbau trage zum Wachstum bei, so Nowotny.

Arbeitsmarkt im Blick

Ein Bereich auf den Acht gegeben werden müsse, sei der Arbeitsmarkt. Denn die Export- und Investitionsdynamik schwächte sich ab. Die Industrieproduktion schrumpfte zur Jahresmitte um 1,2 Prozent. Die Industrie befindet sich somit in einer leichten Rezession. In Deutschland brach die Industrieproduktion zu dieser Zeit gleich um 6 Prozent ein.

Nowotny sprach sich neuerlich dafür aus, die angedachte Steuerreform noch zu beginnen. "Aus Makroökonomischer Sicht würde ich mir nicht viel Zeit lassen mit dem Inkraftsetzen einer Steuerreform. Details kann man Diskutieren." Auf Nachfrage sagte Nowotny, in erster Linie gehörten niedrige Löhne entlastet.

"Stimme der Vernunft"

Nowotny bedankte sich am Ende des Hintergrundgesprächs vor Journalisten "für elf spannende Jahre – zum Teil anstrengend, aber befriedigend." Er erinnerte: "Ich habe nie die Unwahrheit gesagt. Natürlich habe ich aber auch manchmal die Rolle der Notenbank und des Gouverneurs einer Notenbank gelebt, darin sehe ich die Stimme der Rationalität und der Vernunft." Es gehe darum, "gegen Hysterie aufzutreten, gegen negative Stimmungsmache." Heutzutage brauche es oft mehr Mut, Realist zu sein als Pessimist, sagte Nowotny. "Pessimisten werden oft als interessanter empfunden." Seinen Nachfolgern – der neue Vizegouverneur Gottfried Haber und der neue OeNB-Direktor Thomas Steiner flankierten Nowotny bei seinem letzten Pressegespräch – wünschte er "viel Erfolg".

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Gouverneur Nowotny wird sich neu orientieren.
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In eingeschränktem Maß bleibt Nowotny auch der Öffentlichkeit erhalten. Er wird demnächst Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik. In diesem Bereich habe er sich schon als Student massiv engagiert. "Ich glaube, es ist wichtig, in Österreich das Verständnis für die europäische Einigung zu erhalten", sagte Nowotny. Ab dem Sommersemester werde er auch Dozent an der Wirtschaftsuniversität sein. (APA, 30.8.2019)