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Ottawa – Die 2018 gestartete TV-Serie "The Terror" hat das Schicksal der legendären Franklin-Expedition erst vor kurzem einer neuen Generation in Erinnerung gerufen. Eineinhalb Jahrhunderte des Rätselratens, was aus der verschollenen Arktisexpedition geworden sein mag, hatten davor schon zu einer ganzen Reihe popkultureller Bearbeitungen geführt. Seit einigen Jahren gibt es allerdings auch handfeste archäologische Erkenntnisse – und Taucher haben sich nun daran gemacht, diese zu erweitern.

Was geschehen ist

Der britische Entdecker John Franklin brach 1845 mit den beiden Schiffen HMS Terror und HMS Erebus in die Arktis auf, um eine Verbindung zwischen dem Atlantik und dem Pazifik zu finden, die sogenannte Nordwestpassage. Im August desselben Jahres segelten sie in der kanadischen Baffin Bay an zwei Walfangbooten vorbei – und wurden danach nie wieder gesehen.

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Erst 14 Jahre nach dem Aufbruch der Schiffe fand die Besatzung eines von Franklins Witwe Lady Jane gecharterten Schiffes auf King William Island eine handgeschriebene Nachricht. Franklin und 23 Besatzungsmitglieder starben demnach bereits am 11. Juni 1847 unter nicht näher genannten Umständen.

Die Schiffe blieben offenbar am 22. April 1848 im Packeis stecken und wurden von den übrigen 105 Besatzungsmitgliedern zu Fuß über das Eis verlassen. Niemand überlebte. Die Untersuchung der später gefundenen Überreste einiger Expeditionsmitglieder deuten nach Angaben kanadischer Wissenschafter darauf hin, dass sie an den Folgen von Kälte, Hunger und Bleivergiftung durch bleihaltige Konservendosen starben.

Wiedergefunden

Nachdem über ein Jahrhundert lang wilde Spekulationen über das Schicksal der Expedition angestellt worden waren, wurde das Wrack der Erebus schließlich 2014 in der Victoria Strait im Norden Kanadas entdeckt. Die Terror wurde zwei Jahre später in 24 Metern Tiefe in einer Bucht vor King William Island gefunden, die heute Terror Bay genannt wird.

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Und nun konnten die versunkenen Überreste der Expedition endlich auch aus der Nähe erkundet werden: Unterwasserarchäologen verbrachten sieben Tage damit, das Wrack der Terror zu besichtigen. Dabei drangen sie erstmals in das Unterdeck des Schiffes vor – und fanden es erstaunlich gut erhalten.

Das Schiff liege aufrecht am Meeresboden, kein Anker sei ausgeworfen, berichtete Projektleiter Ryan Harris von Parks Canada, der staatlichen Organisation für den Schutz von Kulturgut und Naturerbe. Alles deute darauf hin, dass das Schiff unerwartet gesunken und "sehr, sehr schnell verlassen" worden sei.

Konservierter Expeditionsalltag

Die Forscher konnten mehr als 90 Prozent des Unterdecks untersuchen. Aufnahmen aus dem Schiff zeigen unter anderem Betten und Tische, Regale mit Porzellan und Glasflaschen in der Offiziersmesse und Messgeräte. Nur das Schlafquartier von Kapitän Francis Crozier blieb wegen einer verschlossenen Tür für die Taucher und einen Tauchroboter unerreichbar.

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In Croziers Kajüte stehen noch sein Schreibtisch und Kartenschränke sowie Kästen, die möglicherweise Aufzeichnungen oder sogar das Logbuch enthalten könnten. Dank der Sedimente im kalten Polarwasser und des geringen Sauerstoffgehalts bleibe organisches Material wie etwa Papier sehr gut erhalten, erklärten die Forscher.

"Schriftstücke könnten ein Licht darauf werfen, was passiert ist – die Chronologie der Ereignisse, wann sich die beiden Schiffe trennten und wie sie dahin kamen, wo sie schließlich verlassen gefunden wurden", sagte Projektleiter Harris. Die Aussicht, die Geheimnisse um das Schicksal der Terror zu lüften, sei "sehr spannend". Die Forscher wollen ihre Untersuchungen im kommenden Sommer fortsetzen. (red, APA, 31. 8. 2019)

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