Zwei Kandidaten, ein Spruch – den schon Jörg Haider verwendete: Sebastian Kurz und Herbert Kickl.

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Noch einmal ganz tief Wahlkampfluft geatmet, so tief wie das Niveau der Auseinandersetzung, dann kann man sich bis zum Wahltag etwas Ruhe gönnen. Nur wenn Kurz doch noch erkennt, dass sich der Nationalrat nicht geirrt hat und ihm die Kanzlernummer ein wenig zu groß ist, wäre noch Überraschendes zu erwarten.

Ist aber unwahrscheinlich, hat doch die ÖVP bereits plakatiert "Einer, der unsere Sprache spricht". Vermutlich, um diesmal keine Überschreitung der Wahlkampfkosten zu riskieren, war der Slogan doch billig zu haben. Wahl-Plakate: Alle kupfern bei Jörg Haider ab, kommentierte "Österreich" das Billigangebot exakt so, wie es seinem seriösen Ruf entspricht. Keineswegs alle, ausschließlich die Volkspartei hat abgekupfert. Bei der FPÖ kann man von Abfallrecycling sprechen, ist ihr doch seit Jörg Haider sprachlich nichts Neues eingefallen, von den Inhalten ganz zu schweigen.

Verlogenheit über Parteigrenzen vererben

In der aktuellen Kampagne haben zuerst die Türkisen von Kurz den Slogan abgekupfert. Als die FPÖ das spitzbekam, hat sie den alten Haider-Spruch, der noch vom Gernot Rumpold stammen soll, quasi "zurückgefladert", schilderte das Fellner-Blatt den dramatischen Kampf um das geistige Erbe des Mannes, der Kärnten in den Ruin stürzte. Jetzt bleibt nur noch zu klären: Ist der Spruch von Rumpold oder nicht doch von Kickl – womöglich muss er auch noch parteiintern "zurückgefladert" werden. Hauptsache bleibt, die darin eingeschlossene Verlogenheit nicht nur von einer Parteigeneration zur nächsten, sondern über Parteigrenzen hinweg zu vererben. Wenn Sebastian Kurz den Wählerinnen und Wählern mit Erfolg beibringen kann, dass er endlich die Sprache Jörg Haiders spricht, kann die FPÖ gar nicht anders, als sich koalitionär zu unterwerfen, und wenn Norbert Hofer Sportminister werden muss.

Packender als "Österreich" könnte man von den zwischenmenschlichen Dramen im blauen Regietheater gar nicht berichten. FPÖ zittert vor Strache. Hofer geht auf Distanz zum Ex, denn "der Norbert ist wirklich angefressen auf Strache". Und dann ist da Kickl im Angriffs-Modus, natürlich auch auf den Parteifreund: Ibiza-Aktion von Strache war eine "unglaubliche Blödheit", was sonst, hat der Balearen-Tourist doch damit den besten Innenminister aller Zeiten vom hohen Ross geholt. Für dieses "parteischädigende Verhalten" darf man ihn aber nicht aus der Partei ausschließen, weil er laut Kickl über die wunderbare Fähigkeit verfügt, gleichzeitig "Opfer und Täter" zu sein. Gewissermaßen die Personalunion von Trümmermann und Trümmerl.

Schweinsohr und Nibelungentreue

Und dann wäre da noch der blaue Ostrakismos des Gottfried Waldhäusl, der unter Aufbietung aller Sensibilität, zu der ein niederösterreichischer Freiheitlicher imstande ist, bekanntlich die Frage aufgeworfen hat: "Wie verzweifelt muss ein Mensch sein, wenn der dennoch jeden zweiten Tag barfuß in die Scherben tritt." Das rief den parteiamtlichen Tierschutz auf den Plan. Passend illustriert mit einem Foto, auf dem Philippa in einem Saustall ein Schweinsohr kost, schießt sie gegen Waldhäusl. Bei einem Parteikollegen nachzutreten, wenn dieser die schlimmste Phase seines Lebens durchlebt, ist Nibelungentreue.

Doch wie gut sich die Freiheitlichen auf neuerliche Regierungsverantwortung unter Kurz vorbereiten, zeigt eine andere Enthüllung. Hofer und Kickl: Wahlkampf-Updates auf neuen Homepages. Blaue Doppelspitze hat sich – optisch komplett idente -- Homepages einrichten lassen. Gibt es also doch noch Zusammenhalt! Sie treten bis zum 29. September im Duo auf – jetzt auch im Netz. Was nachher ist, wird man sehen.

Turnen im Bett

Den Fellners entgeht eben nichts, ohne dass sie deswegen imstande wären, jedes Geheimnis zu lüften. Auf dem Cover ihrer "Seitenblicke" war Das einsame Leben der Wut-Diva ausgeschrieben, und im Inneren vollzogen: Zwischen Wut und Krankheit. Was sie tatsächlich geritten hat, sich verbal so weit aus dem Fenster zu lehnen, wird wohl ihr Geheimnis bleiben, und dabei sollte man es auch belassen. Nur so viel: Leicht kann es nicht sein, froh und glücklich über einen Kanzler zu sein, der sich plakativ dazu bekennt, die Sprache Jörg Haiders zu sprechen.

Schön dass in den Wahlkampf die Chance fiel, mit "News" zum 80. Mal Das Koller-Geheimnis zu lüften. Es besteht unter anderem darin: "Ich steige nie aus dem Bett, ohne Turnübungen gemacht zu haben." Beim Zirkeltraining kann schon einmal etwas durcheinandergeraten. Da ist es gut: Mann (sic!) muss sich selbst retten. (Günter Traxler, 31.8.2019)