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Beirut – Das Rätselraten über das Ziel des iranischen Tankers Adrian Darya 1 hält an. Der türkische Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu sagte am Freitag, der zuvor wochenlang vor Gibraltar festgesetzte Supertanker sei nicht auf dem Weg in die südtürkische Küstenstadt İskenderun, wie aus den Schifffahrtsdaten des Portals Marinetraffic hervorging, sondern steuere den "größten Hafen im Libanon" an.

Dessen Energieministerin Nada Boustani Khoury stellte allerdings umgehend klar, dass das Schiff nicht um Anlegeerlaubnis im Libanon gebeten habe. Auch Finanzminister Ali Hassan Khalil teilte gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters mit, dass dem Libanon eine Landeabsicht des Tankers nicht bekannt sei. Das Land habe außerdem keine Raffinerie und kaufe daher auch kein Rohöl an, betonte Boustani weiter. Der türkische Außenminister sagte seinerseits, die Türkei kaufe zwar weiterhin Gas, aber kein Öl aus dem Iran.

Verdacht: Schiff könnte Syrien ansteuern

Es besteht unter Beobachtern der Verdacht, dass der Tanker weiterhin die syrische Raffinerie Banias ansteuern will, die in der EU und den USA Sanktionen unterliegt. İskenderun, das in den Schifffahrtsdaten als offizielles Ziel des Tankers genannt wurde, liegt nur 40 Kilometer von der syrischen Grenze entfernt.

Laut von Reuters befragten Schifffahrtsexperten ist der größte Hafen des kleinen Nahostlandes, Beirut, nicht zum Anlegen eines derart riesigen Tankers in voll beladenem Zustand geeignet. Das Schiff müsste seine Ladung, die zwei Millionen Barrel Rohöl ausmacht, bereits vor Einfahrt in den Hafen auf andere Schiffe umladen, etwa vor Tripoli im Norden des Libanon.

USA wollte Tanker beschlagnahmen

Großbritannien hatte den mit iranischem Erdöl beladenen Tanker Anfang Juli vor dem britischen Überseegebiet Gibraltar unter dem Verdacht festgesetzt, dass er entgegen EU-Sanktionen Öl nach Syrien liefern wolle. Die rechtlich umstrittene Entscheidung führte zu einem langen Streit mit dem Iran, in dessen Zuge die iranischen Revolutionsgarden einen britischen Tanker im Persischen Golf festsetzten.

Trotz der Forderung der US-Regierung, den iranischen Tanker zu beschlagnahmen, erlaubte ein Gericht in Gibraltar am 15. August schließlich seine Weiterfahrt. Der Iran habe zugesagt, das Öl nicht nach Syrien zu liefern.

Die Regierung im Bürgerkriegsland Syrien ist seit dem Verlust ihrer Ölfelder im Osten des Landes abhängig von iranischen Öllieferungen. Seit vergangenem Jahr erreichen aber kaum noch iranische Tanker die syrischen Häfen. Experten gehen davon aus, dass Ägypten ihnen auf Druck der USA die Passage durch den Suez-Kanal verwehrt und damit zur sehr viel längeren Fahrt um Afrika zwingt. (APA, 30.8.2019)