Die SPÖ will eine Erbschafts-und Schenkungssteuer von 25 Prozent auf den Betrag, der eine Million übersteigt (über fünf Millionen: 35 Prozent). Alles, was innerhalb von 30 Jahren an Schenkung und Erbschaft für eine Person anfällt, soll da eingerechnet werden.

Es ist keine Regierungskonstellation denkbar, in der die SPÖ so etwas umsetzen könnte. Debattenende?

Nein, denn es gibt eine ziemlich heftige Diskussion. In der können ein paar Fakten nicht schaden. Es gibt zwei Ebenen der Debatte: die pragmatisch-praktische und die ideologisch-emotionelle. Auf der pragmatischen Ebene sagen ziemlich viele Experten, man solle in den Industrieländern die hohe Belastung der Arbeit mit Steuern und Abgaben absenken und dafür a) die Steuern auf Vermögen und/oder b) auf Umweltbelastung erhöhen. Das hat viel für sich, hat aber eines zur Voraussetzung: Wenn eine Steuer steigt, muss die andere sinken. So kapitalistische Staaten wie die USA haben zwar sehr wohl Erbschafts- (und Vermögens-) Steuern, aber der Spitzensatz für die Einkommensteuer in den USA beträgt nur 39,6 Prozent und beginnt bei 450.000 Dollar/Jahr (407.000 Euro). In Österreich ist der Spitzensteuersatz 50 Prozent und beginnt schon bei 90.000 Euro (nur die paar Einkommensmillionäre zahlen 55 Prozent).

Bei der geplanten Erbschaftssteuer werden eher weniger die wirklich Reichen drankommen.
Foto: APA/dpa/Boris Roessler

Die SPÖ spricht aber nicht davon, die Einkommensteuer zu senken. Wer die Expertenschaft der SPÖ aus AK und Gewerkschaft kennt, weiß: Das wird auch nicht passieren. Bleibt eine zusätzliche Steuer auf die ohnehin schon sehr hohe Steuerbelastung in Österreich.

Aber dann gibt es ja die ideologisch-moralische Ebene: das Argument "Gerechtigkeit". Sollen "die Reichen" nicht stärker belastet werden? Ist Erben nicht "leistungsloses Einkommen"?

Ungerechtes System

Bei der geplanten Erbschaftssteuer (und schon überhaupt bei der geplanten Vermögenssteuer von 0,5 Prozent jährlich ab einer Million) werden eher weniger die wirklich Reichen drankommen. Die wissen sich zu helfen. Treffen wird es den gehobenen Mittelstand. Aus der technischen Natur der Sache wird das dann großteils eine Immobiliensteuer für Freiberufler, Kreative und Kleinunternehmer. Angenommen, jemand erbt eine Immobilie um 1,2 Millionen, 25 Prozent auf 200.000 sind 50.000. Das ist ein Bruttojahreseinkommen im siebten Dezil der Statistik. Oder: Ein Kleinbetrieb ist sechs Millionen wert. Für Erbschaften zwischen fünf und zehn Millionen ist ein Steuersatz von 30 Prozent vorgesehen, für über zehn Millionen 35 Prozent. Die Steuer fällt auf den Betrag über fünf, beziehungsweise über zehn Millionen an. Der Erbe zahlt entweder aus dem Betrieb oder er muss sich verschulden oder er muss sogar verkaufen – unter Umständen.

Aber das "leistungslose Einkommen"! Stimmt (wenn auch nicht immer – siehe Pflege und Mitarbeit im Betrieb). Auf die Gefahr hin, einen Shitstorm auszulösen, kann man so argumentieren: Sehr vieles in unserem Staat ist "leistungsloses Einkommen". Hilfsbedürftige Menschen, die kaum jemals etwas in den Sozialstaat eingezahlt haben, beziehen auch eines, Gott sei Dank. Oder: Was ist Leistung, und was ist leistungslos an den Pensionen von AK-Direktoren (80 Prozent des Letztbezugs von 16.000 Euro) oder an den 30.000-Euro-Pensionen von OeNB-Direktoren?

Unser Steuersystem ist ungerecht und auch veraltet. Nur die Debatte darüber ist meist nicht ehrlich. Und nicht lösungsorientiert. (Hans Rauscher, 30.8.2019)