"Na ja, wenn er zwanzig Mille aufn Tisch legt, daun kann er die Fischrechte haben, der Mateschitz", brummt Josef Gaisberger, seines Zeichens Fischmeister auf dem Altausseer See, augenzwinkernd.

Die Klimaerwärmung heizt auch die Seen auf. Fische, die die Kälte lieben, flüchten in die Tiefe. Am Kärntner Weißensee sterben Wasserpflanzen ab.
Foto: Ferdinand Neumüller

Wenn man dem Obmann der Fischervereinigung Altaussee, Gaisberger, und seinem Vize Otto Kalß so zuhört, wie sie da am alten Holztisch in ihrer Fischerhütte sitzen und grummeln, braucht sich der Dosenmilliardär Dietrich Mateschitz, der ringsum im Salzkammergut über die dortige – von den Bundesforsten gepachtete – Fischereiwirtschaft herrscht, aber keine Hoffnungen machen. "Es ist ja", sagt "Otti", so nennt ihn der Obmann, "so wie beim Trump, der Grönland kaufen will. Der Mateschitz kann nie und nimmer etwas kaufen, was es nicht zu kaufen gibt." Auch der Altausser See ist zwar im Besitz der Bundesforste, die Fischrechte sind jedoch seit Generationen in der Hand der eingesessenen Familien. Wenn es nach den beiden Fischern geht, soll das auf ewig so bleiben.

Aber Gaisberger und Kalß haben jetzt ohnehin ganz andere Sorgen. Die Saiblinge, Wahrzeichen der Altausseer, tauchen in letzter Zeit viel zu früh ab. Deshalb hat Kalß schon Anfang August an der Fischerhütte ein kleines Plakat angeheftet: "ab 7. August kein Fischverkauf wegen Problemen durch zu warmen See".

Die Altausseer Fischer bemerken seit einigen Jahren, dass sich ihr See verändert.
Foto: Ferdinand Neumüller

"Früher", sagt der knapp 80 Jahre alte Fischmeister Gaisberger, "haben wir weit in den September hinein gefischt. Aber seit zwei, drei Jahren müssen wir fast einen Monat früher aufhören, weil die Fische wegen des warmen Wassers in kühlere Regionen abtauchen."

Otto Kalß blickt hinaus aus dem kleinen Fenster der alten Fischerholzhütte, an deren Wänden vergilbte Bilder, Porträts und Fischereiutensilien längst vergangener Zeiten hängen: "Im Jahr 2000 wurde der See untersucht, da hatte er über den ganzen Sommer maximal 20 Grad. Inzwischen sind wir bei 25, manchmal 26 und 27 Grad."

Der Fischbestand bliebe zwar noch intakt, aber "keiner weiß, wie alles in ein paar Jahren ausschaut", sagt Kalß. Was die beiden passionierten Fischer seit Jahren beobachten, hat das Institut für Gewässerökologie, Fischereibiologie und Seenkunde des Bundesamtes für Wasserwirtschaft (BAW) exakt gemessen.

Demnach ist nicht nur der Altausseer See betroffen. Die mittlere Jahresoberflächentemperatur der Alpenseen hat sich seit 1975 signifikant um bis zu zwei Grad erhöht.

Sauerstoffmangel

Die Durchmischungsphasen des kalten und warmen Wassers im Sommer und Winter sind mittlerweile gestört, was sich auch auf den Sauerstoffgehalt in den tiefen Wasserschichten auswirkt. Durch den verminderten Sauerstoffgehalt im Tiefenwasser geht Fischlebensraum verloren. Betroffen sind in erster Linie kälteliebende, forellenartige Fische wie die Saiblinge. In seichteren Seen wird das Sauerstoffproblem bald eklatant, in tieferen Gewässern wie dem Altausseer See noch nicht.

Ende der 1990er-Jahre sei die Wasserqualität in den Seen immer besser geworden, weil die Abwässer gereinigt wurden, "dann plötzlich sind sie wieder schlechter geworden. Wir konnten es uns nur mit dem Klimawandel erklären. Kleine Fischarten sind in den letzten Jahren an den Ufern verschwunden", sagt Hubert Gassner, Abteilungsleiter Seenkunde am Bundesamt für Wasserwirtschaft.

"In den letzten zwei, drei Jahren ist es für uns besonders bedenklich geworden", sagt Fischmeister Gaisberger. Früher habe die kalte Schicht bei zehn Meter Tiefe begonnen, ab diesem Level maßen Taucher vier Grad Celsius. "Jetzt ist es so, dass das Wasser erst ab zwanzig Meter vier Grad kalt wird. Das ändert einiges, was wir aber noch nicht wissen", sagt Gaisberger.

Für die beiden Obleute der Fischervereinigung, Josef Gaisberger und Otto Kalß, ein dramatisches Zeichen der Klimaveränderung.
Foto: Ferdinand Neumüller

Alexander Lang vom Mateschitz'schen Unternehmen Fischerei Ausseerland kommt die Diskussion um die Klimaauswirkungen auf die Alpenseen nicht ganz gelegen. "Die Menschen glauben ja schon, es gibt keine Saiblinge und Forellen mehr. Das stimmt ja nicht. Damit eine ganze Art ausstirbt, müsste schon eine Klimakatastrophe biblischen Ausmaßes stattfinden", glaubt Lang.

Dass sich dennoch einiges in den Seen verändert hat, beobachtet aber auch Martin Müller, Berufsfischer und Fischereiökologe am Kärntner Weißensee. Vor zehn Jahren haben dort die Karpfen begonnen, in seinem See abzulaichen. Früher war den Fischen das Wasser einfach zu kalt dafür. "Jetzt ist die Population der Karpfen nicht mehr unter Kontrolle zu halten", sagt Müller. Die Erwärmung des Sees habe auch auf die Wasserpflanzen ihre Wirkung, die zum Teil großflächig abgestorben seien.

Von den Eltern geerbt

Im Herbst fahren Gaisberger und Kalß noch einmal raus, um Laichfische einzuholen, um die Brut im Bootshaus weiterzuzüchten. Später wird der Nachwuchs wieder ausgesetzt. Die Saiblinge werden dann für Weihnachten geräuchert. Jeder der zwölf Pächter, die Anteile an den Fischrechten besitzen, bekommt ein "Fischdeputat", auch von den Geräucherten. Vize Kalß holt sein Handy aus der Hosentasche, auf dem Display erscheint ein Prachtexemplar eines Altausseer Saiblings: ein 70-deka-Kerl mit leuchtend rosa Laichbauch. Wenn's gutgeht, holen die Altausseer Fischer das ganze Jahr über an die 2000 Stück heraus.

"Wir machen halt das, was wir von unseren Eltern geerbt haben, und wir schauen, dass wir das erhalten. Wir fischen nur mit fünf Netzen, wir könnten sicher mehr Netze hineintun: Aber wofür?", fragt Fischmeister Gaisberger. "Dann bringen wir ja den See um. Weil es soll halt für die, die nach uns kommen, auch noch was drinnen sein", pflichtet Otto Kalß bei.

Aber es ist letztlich nicht der See allein, der ihnen Sorgen macht. "Was wir vom See aus sehen, wenn wir rausfahren, ist ja noch Folgendes: Der Wald wird kaputt. Wir sehen überall braune Flecken. Auch das ist die Wärme", sagt Kalß. Gaisberger starrt hinaus auf den See: "Mir Menschen san net ganz unschuldig. Des mit dem Klima werden wir nimmer hinkriegen." (Walter Müller, 31.8.2019)