Zwetschke ist Zwetschge, aber nicht gleich Pflaume: Die Zwetschke ist nämlich eine Unterart der Pflaumen. Ihr leicht zungenbrechender Name leitet sich von Damaskus ab, auch wenn das nicht offensichtlich ist. Da sie aus Syrien nach Europa kam, wurde sie im antiken Rom "Damascena" genannt, was etwa im 15. Jahrhundert über französische und oberitalienische Mundarten ("davascena") ins Deutsche übernommen wurde. Für diese wortwörtliche "Pflaume aus Damaskus" gibt es unterschiedliche Bezeichnungen: was bei uns Zwetschke heißt, wird in Deutschland Zwetsche genannt (oder einfach Pflaume), in Süddeutschland und der Schweiz Zwetschge, und am Rhein wird sie zur Quetsche.

Foto: Ella Josephine Esque

Eine besondere Eigenschaft der Zwetschke ist die Anregung des Darms. Dieses eigentlich alte Wissen firmiert heutzutage unter der schönen Bezeichnung "Functional Food". Verantwortlich dafür ist der hohe Sorbitgehalt der Zwetschke. Bei Trockenfrüchten intensiviert sich diese Wirkung, weshalb Dörrzwetschken das Hausmittel gegen Verstopfung sind.

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Der Kern der Sache

Für mein Rezept ist das aber alles Powidl, also wurscht, denn da geht es um den Kern der Sache. Amaretto wurde früher mit Mandeln oder Aprikosenkernen angesetzt, heute wird er mit komplexeren industriellen Verfahren auf Basis von Mandeln beziehungsweise unter Zusatz von Aprikosenkernöl hergestellt. Man kann ihn aber auch ganz einfach selber mit Zwetschkenkernen herstellen. In Wodka oder Korn eingelegt, erzeugen sie dann diesen charakteristisch feinen Mandel-Marzipan-Geschmack. 

Foto: Ella Josephine Esque

Zutaten

  • 500 g Zwetschkenkerne
  • 1 l Wodka oder Korn
  • 100 g brauner Zucker oder Kandis

Tipp für die Hauptzutat: am besten Freundinnen um Kerne anschnorren, die auf Powidl stehen oder einen Zwetschkenbaum im Garten stehen haben. Auf der Website "mundraub.org" können Sie auf einer Karte nachschauen, ob es in Ihrer Nähe Früchte zur freien Ernte gibt.

Zubereitung

Kerne waschen, Fruchtfleisch gut ab­bürs­ten, 24 Stunden trocknen lassen. Alle Zutaten in ein Glas geben. Mindestens zwei Monate stehen lassen. Wer mag, kann das Glas hin und wieder durchschütteln, leicht bewegen oder schwenken, ich liebe das.

Bei diesem Rezept ist es sehr wichtig, dass Sie nur ganze Zwetschkenkerne verwenden und zerbrochene oder löchrige aussortieren. Auf keinen Fall darf man die Kerne zerschlagen oder mörsern, wie es in manchen Rezepten empfohlen wird. Und nicht vergessen: Nach der Reifezeit die Kerne wieder aus dem Ansatz nehmen.

Der Grund dafür ist die Blausäure, die im Inneren der Kerne in den mandelförmigen Samen enthalten ist. Sie verhindert die Aufnahme von Sauerstoff durch die Zelle und ist daher ein – aus hunderten Krimis bekanntes – Gift. Im Samen verhindert sie auf diese Weise das Austreiben, bevor die Kernhülle verrottet ist, danach verflüchtigt sie sich. Wenn die Kerne im Liköransatz also intakt bleiben und anschließend entfernt werden, ist die Menge Blausäure, die in den Amaretto gelangen kann, unbedenklich.

Tipps und Tricks

Je mehr Kerne, desto besser. Pi mal Daumen nimmt man doppelt so viel Schnaps wie Kerne. Zwei Monate ist die Mindestreifezeit, etwas länger ist immer möglich. Spätestes nach vier Monaten sollte man die Kerne aber endgültig aus dem Ansatz entfernen.

Der Likör funktioniert auch mit anderen Steinobstkernen, also Kirschen, Marillen oder Pfirsichen.

Foto: Ella Josephine Esque

Wer ein noch schöneres Braun haben möchte, kann den Zucker karamellisieren. Wenn man Karamell mag, ist das auch ein geschmackliches Plus. 

"Zwetschkaretto" genießt man am besten pur, er kann aber auch auf Eis oder in einem Cocktail getrunken werden. Köstlich ist dieser Likör auch in vielen Backrezepten, wie zum Beispiel beim: B’soffenen Kapuziner. (Ella Josephine Esque, 12.9.2019)

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