Das ist inzwischen auch schon ein paar Jahre her, dass der Designer des Toyota Mirai das eigenwillige Äußere ganz einfach auf den Punkt brachte. Bei Toyota sei es durchaus gerne gesehen, wenn ein umweltfreundliches Auto sofort als solches auffällt. Damit ist das Design des Mirai eigentlich auch schon zur Genüge besprochen.
Von der wilden Eigenwilligkeit bleibt dann im Fahrzeug selbst nur wenig über – auch wenn die Überraschung auf den ersten Metern groß ist. Der Leuchtturm-Projekt-Charakter hält nämlich an. Der Mirai ist nämlich so etwas wie ein Oberklasse-Auto in der Ordnung der gehobenen Mittelklasse. So viel Fahrkomfort hätten wohl nicht einmal Priusfahrer der ersten Stunde erwartet.
Der Mirai verleitet nicht, er gleitet. Er stresst nicht, er beruhigt. Und das ist eine seiner großen Stärken, dass jede Fahrt mit ihm wie ein kleiner Urlaub ist. Während die anderen Verkehrsteilnehmer sich gegenseitig in den Kofferraum zu fahren versuchen, ist der Mirai ein Juwel, dem der Stress nichts anhaben kann.
Die Sitze sind komfortabel, die Federung des Wagens ist komfortabel, die Lenkung ist komfortabel. Mit diesem Auto will man gar nicht als Erster am Ziel sein.
Harter Test, gute Leistung
Diese Gelassenheit spielt dem Mirai ganz gut in die Hand. Sein Verbrauch liegt im Test nämlich nur marginal über der angepeilten Norm – und das, obwohl der überwiegende Großteil der Testphase über die Autobahn führte. Und das ist ja nicht das Lieblingsmetier von E-Autos.
Ja, im Grunde ist der Mirai ein E-Auto. Denn der Wasserstoff, den er tankt, der wird in der Brennstoffzelle zu Strom umgewandelt. Aus dem Endröhrl tröpfelt reines Wasser. Toyota nutzt neben der Brennstoffzelle auch die hauseigene Hybrid-Infrastruktur, um souveränere Fahrleistungen zu erzielen. Das heißt, im Mirai ist, wie etwa auch im Prius, eine Batterie verbaut, die überschüssige Energie aus der Brennstoffzelle oder Bremsenergie aufnimmt und sie zum Beispiel beim starken Beschleunigen wieder abgibt. Wie effizient und drehmomentstark das System funktioniert, hat sich inzwischen ja sogar bis zu eingefleischten Dieselfahrern durchgesprochen, die sonst die E-Mobilität scheuen wie der Teufel das Weihwasser.
Der Antrieb mit Wasserstoff hat eine ganze Reihe von Vorteilen. Da ist es in erster Linie natürlich, dass die einzige Emission ein bisserl Wasser ist. Die Reichweite ist mit rund 500 Kilometern in der Praxis mehr als alltagstauglich, und das auch, wenn die Klimaanlage im Normalbetrieb läuft. Und die Tanks sind in wenigen Minuten gefüllt.
Aber es gibt auch Nachteile. Der Mirai ist als erstes Brennstoffzellenfahrzeug, das in größerer Serie vom Band lief, mindestens so teuer wie ein vergleichbarer Verbrenner mit all dem Luxus, der dann auch noch gefälliger aussieht und agiler fährt – so man das nach dem Mirai überhaupt noch vermisst. Die Tankstellendichte ist eigentlich eine Tankstellenlücke. Und mit der Umweltfreundlichkeit ist es bei uns auch nicht ganz so weit her, wenn man in der E-Mobilität den Hoffnungsträger sieht, um von fossilen Brennstoffen wegzukommen. Denn bei uns wird Wasserstoff fast ausschließlich aus Erdgas gewonnen.
Wenn Österreich nun wirklich Wasserstoffland Nummer eins werden sollte, dann spielte das Toyota natürlich in die Hand. Und nicht nur Toyota, denn je mehr Mirai in Österreich unterwegs sind, desto entspannter wird das Autofahren, wage ich zu wetten. Aber bis zu sauberem Wasserstoff müssen wir uns noch ein wenig gedulden – und hoffen. (Guido Gluschitsch, 9.9.2019)