Ein Portrait von Anthoine Hubert an der Rennstrecke von Spa.

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Spa-Francorchamps – Nach dem tödlichen Unfall des französischen Nachwuchs-Rennfahrers Anthoine Hubert ist eine neue Diskussion um die Sicherheit im Motorsport entbrannt. Ein Restrisiko wird es immer geben, da sind sich Teamchefs und Piloten einig. "Egal in welcher Rennserie, egal in welchem Auto: Es ist ein Sport für Gladiatoren, es geht um Mut, Können und Risikobewusstsein", sagte Mercedes-Motorsportchef Toto Wolff.

"Wir hatten viele Jahre Glück, nicht solche Unfälle erleben zu müssen. Vielleicht haben wir vergessen, wie gefährlich der Sport ist", erklärte der Österreicher am Rande des Formel-1-GP von Belgien in Spa-Francorchamps.

Das Drama um Hubert, der am Samstag bei einem Formel-2-Rennen im belgischen Spa-Francorchamps nach einem Crash starb, hätte der Öffentlichkeit wieder vor Augen geführt, welches enorme Risiko die Fahrer eingehen. "Es wird immer gefährlich bleiben, wenn man mit diesen Geschwindigkeiten fährt", sagte Ferrari-Jungstar Charles Leclerc nach seinem Sieg am Sonntag in Belgien. "Es wird immer Kurven geben, die sehr herausfordernd sind und gefährlich bleiben."

"Der Sport wird noch lange überschattet sein"

Die berüchtigte Eau Rouge ist eine davon. Hubert verunglückte am Ende dieser Kurve auf dem schwierigen Kurs in den Ardennen. "Der Sport wird noch lange überschattet sein, wenn ein junger Mann sein Leben verliert. Wir können jetzt nicht einfach zur Normalität übergehen", sagte Wolff. Deswegen sei es verständlich, dass erneut Fragen nach mehr Sicherheit aufgeworfen werden.

Doch Leclerc merkte an, dass der Motorsport-Weltverband (FIA) "in den letzten 20 Jahren einen starken Job gemacht hat, um für uns die Sicherheit in den Autos zu erhöhen". Für Leclerc war es bei seinem ersten Formel-1-Triumph besonders schwierig, denn Hubert war ein langjähriger Freund. "Ihn zu verlieren war ein großer Schock für mich", sagte Leclerc.

Trotz des Dramas um Hubert hatte in Spa kein Fahrer Angst, ins Auto zu steigen. "Wir klappen das Visier runter – und dann sind wir im Modus", sagte WM-Spitzenreiter Lewis Hamilton von Mercedes. "Die FIA tut sehr viel dafür, dass wir sicher sind." Heftige Unfälle mit schweren Folgen seien zur absoluten Seltenheit geworden, das sei das Resultat von gestiegenen Sicherheitsstandards und technisch stark verbesserten Fahrzeugen.

Huberts Crash sei ohnehin ganz besonders zu betrachten, sagte Wolff und sprach von einem "freak accident". Also von einem Unfall, mit dem so niemand rechnen konnte, weil gleich mehrere unvorhersehbare Dinge zusammenkamen. Der Bolide des 22 Jahre alten Hubert stand quer als sich das Auto des Amerikaners Juan Manuel Correa mit geschätzten 270 Stundenkilometern durch die Seite ins Cockpit bohrte. Kein Material in keinem Rennwagen der Welt hätte dieser enormen Wucht des einschlagenden 620-PS-Boliden standhalten können. Allerdings wird über eine Entschärfung der Strecke diskutiert.

"Die Sicherheit wird immer verbessert, das wird niemals enden", sagte FIA-Renndirektor Michael Masi. "Wir werden weiter intensiv forschen und Dinge, so gut wir können, verbessern." Auch aus dem Unfall von Hubert sollen Schlüsse gezogen werden.

Masi kündigte eine intensive Untersuchung des Vorfalls in der höchsten Nachwuchsrennserie an. Die FIA hat mit der Polizei und dem belgischen Automobilverband mit der Aufarbeitung begonnen. "Alle Aspekte werden beleuchtet", sagte Masi. Ein Zeitlimit gebe es nicht, wichtig sei eine detaillierte Analyse.

Zustand von Correa verbessert

Der Zustand von Juan Manuel Correa verbessert sich langsam. Wie am Montag mitgeteilt wurde, musste sich der 20-Jährige am Sonntag einer vierstündigen Operation unterziehen, um die Brüche an beiden Beinen zu behandeln.

Sein Zustand sei weiterhin stabil und er bei vollem Bewusstsein. Seine Eltern sind mittlerweile am Krankenbett im belgischen Lüttich angekommen und unterstützen Correa, der "völlig überwältigt von Traurigkeit ist".

Correa, der zur Beobachtung noch einen Tag auf der Intensivstation bleiben soll, drückte der Familie von Hubert aus dem Krankenhaus sein Mitgefühl aus. Sobald sein Zustand es zulässt, soll der in Ecuador geborene Fahrer in die USA geflogen werden. Dann könne die lange Rehabilitation beginnen, hieß es in der Mitteilung. Neben Beinbrüchen hatte Correa auch eine leichte Verletzung an der Wirbelsäule erlitten. (APA; 2.9.2019)