Israelische Soldaten untersuchen die Einschlagsstelle der Panzerabwehrraketen.

Foto: AFP / Guez

Hat Israel nach Tagen der Anspannung mit psychologischer Kriegsführung und einem inszenierten Abtransport von Verletzten eine Eskalation an der Nordgrenze verhindert? Zumindest wollen einige Medien in Israel Hinweise in diese Richtung haben: Nach einem kurzen Schlagabtausch zwischen Israel und dem Libanon am Sonntag hat sich die Lage an der Grenze vorerst wieder beruhigt. Die UN-Friedenstruppen im südlichen Libanon meldeten, die "allgemeine Ruhe" sei wieder hergestellt und riefen beide Seiten dazu auf, sich zurückzuhalten und eine weitere Eskalation zu verhindern.

Am Sonntag hatte die militante libanesische Hisbollah mit Panzerabwehrraketen auf eine Armeebasis und ein Militärfahrzeug in der Nähe des israelischen Dorfes Avivim gefeuert. Nach Hisbollah-Angaben war es eine Reaktionen auf den Tod zweier Hisbollah-Kämpfer, die vor einer Woche bei einem israelischen Angriff in Syrien ums Leben gekommen waren. Die israelische Armee meldete daraufhin einige Treffer und schoss nach eigenen Angaben auf jene Ziele im Libanon, von denen aus die Schüsse abgefeuert worden waren. Über mögliche Verletzte oder gar Tote in Israel gab es zunächst keine Informationen.

Kunstblut, um Schlimmeres zu verhindern

Erst Stunden später kam die Nachricht: keine Verwundeten oder gar Toten in Israel. Auch Premier Benjamin Netanjahu teilte am Abend mit: "Wir haben keine Verletzten. Nicht einmal Kratzer." Da aber hatte die Hisbollah im Libanon, die vom Mullah-Regime im Iran unterstützt wird, längst schon ihren Erfolg gefeiert: Hisbollah-Kämpfer hätten ein israelisches Militärfahrzeug zerstört und die Menschen darin verletzt und getötet.

Eine Szene, zwei Perspektiven: dieses Video verbreitete die Hisbollah. um zu belegen, dass der Angriff erfolgreich gewesen sei.

Genau das könnte auch das Ziel der israelischen Armee gewesen sein: Wie Militärkorrespondenten später am Abend berichteten, soll die israelische Armee den Treffer durch die Hisbollah an der Grenze nur inszeniert und Soldaten per Hubschrauber nur zum Schein ins Krankenhaus nach Haifa evakuiert haben.

So sieht die Szene von der anderen Seite aus.

Diese Form der psychologischen Kriegsführung sei im Vorfeld geplant gewesen, um die Hisbollah zufriedenzustellen und von weiteren Angriffen abzuhalten, so die Berichte. Schon in den Tagen zuvor hatten libanesische Medien berichtet, nahe der Grenze geparkte israelische Militärjeeps mit uniformierten menschlichen Attrappen gesichtet zu haben, Bilder davon kursierten im Netz.

Die Lage in Israels Norden war in der vergangenen Woche äußerst angespannt, nachdem eine explosive Drohne in ein Medienzentrum der Hisbollah in einem Vorort von Beirut gestürzt war und dieses teilweise zerstört hatte. Nach Angaben der Hisbollah handelte es sich um ein israelisches Exemplar. Wenige Stunden vorher hatte Israel Stellungen schiitischer Milizen in Syrien angegriffen. Die israelische Armee bestätigte den Angriff und teilte mit, dadurch einen Angriff mit explosiven Drohnen auf Israel verhindert zu haben. Bei der Militäroperation kamen unter anderem zwei Kämpfer der libanesischen Hisbollah ums Leben. (Lissy Kaufmann, 2.9.2019)