Dagmar Koller einst als Kate in "Kiss me, Kate".

Foto: Archiv Volksoper Wien

Dagmar Koller als Aldonza in "Der Mann von La Mancha".

Foto: Foto Pálffy/Archiv Volksoper Wien

Dagmar Kollers mediale Präsenz in den letzten Wochen war bemerkenswert, mancher würde sagen: beängstigend. Wer noch keinen Koller-Koller davongetragen hatte, pilgerte am Sonntagabend in die Volksoper. Dort ehrte man das ewig junge Geburtstagskind zum Saisonstart mit einer Soiree.

Wer auf ein originelles Eröffnungsmedley (Hello, Dagi! Dagi makes the world go round usw.) mit Showtreppe, Federboas, Chor und wirbelndem Tanzpersonal gehofft hatte, der hoffte vergebens. Stattdessen erblickte das enttäuschte Auge ein ausgemustertes Sofa und einen Kaffeehaustisch samt Sesseln.

Spreizfüße und Kloputzen

Das enttäuschte Ohr wurde immerhin vom Chefdramaturgen des Hauses getröstet, der sich charmant durch Leben und Karriere seines Gastes fragte. Solcherart erfuhr man von den Spreizfüßen der kleinen Dagmar aus Klagenfurt und vom Kloputzen in Hasenleiten.

Dagmar Koller als Dolly in "Hello, Dolly!".
Foto: Archiv Volksoper Wien

Von der Karriere wurden Bild- und Videobeweise vorgeführt: Hello, Dolly!, My Fair Lady, Der Mann von La Mancha. Kollers einstiger Bühnenpartner Josef Luftensteiner pries die Kollegialität des arrivierten Stars den jungen Kollegen gegenüber. Dreimal spielte das Orchester der Volksoper unter der Leitung von Lorenz C. Aichner auf, Ensemblemitglieder sowie Direktor Robert Meyer trugen Nummern vor. Die Jubilarin saß in einem "weihnachtlichen" (Wagner-Trenkwitz), "schweren" (Koller) Kleid auf dem beigen Sitzmöbel und zeigte sich entzückt.

Diva in Ruhe

Dagmar Koller ist eine Musical- und Operettendiva in Ruhe, fernab der Bühne gibt sie lebenslänglich und lustvoll die Rolle der großen Naiven – und dies, seit Gusti Wolf verblichen ist, hierzulande konkurrenzlos. Bei den Männern reicht lediglich Hansi Hinterseer an Kollers Genie in diesem Rollenfach heran. Der oder die Naive führt das unschuldige Wesen eines Kindes in der Gestalt eines erwachsenen Menschen fort.

In einem Akt unschuldiger Ehrlichkeit gestand die Koller am Ende: "Ich kann wirklich nicht mehr singen. Aber ich tu’s trotzdem!" Nach einem Beruhigungsbierchen trug sie, von Béla Fischer begleitet, Sondheims Send In The Clowns vor. Der Schluss war Rührung und Standing Ovations. (sten, 2.9.2019)