Den Trachtenjanker trägt er nicht, er lässt ihn tragen (vom Assistenten, auf dem Arm): der grüne Comebackregisseur Werner Kogler.

Foto: christian fischer

Mit Bier kenne er sich aus, ruft ein Mann mit Trachtenhut: "Da brauchst mir nix erzählen!" Werner Kogler erzählt trotzdem. Im typisch Kogler'schen Highspeed-Steirisch referiert er eine Liste jener heimischen Brauereien, die noch nicht von Großkonzernen geschluckt wurden, und die Männerrunde am Altausseer Kirtag, an deren Tisch sich der grüne Listenerste stehend gesellt hat, wirft ihm Stichworte zu, die Kogler auffängt und einbaut. Die Promilletouristen aus Ebensee sind dankbar für den flüssigen Plausch mit dem netten Unbekannten, der dort, wo der Hut hingehört, nur eine neongrüne Brille trägt. Kogler hat zwar erwähnt, wer er ist, aber das war vor zwei Minuten, einer Ewigkeit im Hier und Jetzt der Bierzufuhr. Als einer der Ebenseer den Zeigefinger hebt, um dem Fremden im hellrosa Hemd noch eine Biersorte zuzurufen, ist der schon weg – am nächsten Tisch.

Selfie mit Dorfjugend

Parteichefs haben es nicht leicht, wenn sie rausgehen. In der Öffentlichkeit sind sie nie nur Mensch, weil immer jemand herschaut, zuhört, aufpasst, was man tut. Hier, auf einem der größten Zeltfeste Österreichs, hat Grünen-Chef Werner Kogler ein anderes Problem. Man kennt ihn nicht. Da ist es fast eine erfreuliche Abwechslung, als ein Teenager mit roten Wangen ihm ein "Weeerneeer! Kooogleeer!" ins Ohr brüllt. "Ja, warum schreist denn so?", antwortet Kogler, grinst, und legt ihm einen Arm um die Schulter. Der Teenager lallt, er wolle "ein Foto mit dir", und die Selfieproduktion, die dann stattfindet, lockt weitere Junge an. Kogler ist jetzt umkreist von Dorfjugend in Modetracht und schiebt Wuchteln vergangener Erlebnisse im Salzkammergut. "Ja, und dann", sagt Kogler, "dann bin ich in Gmunden festgesessen und hab mir, wie die Grünen halt so sind, ein Taxi genommen." Die Jungen machen große Augen. "Echt, sind die Grünen so?", fragt eine. "Ja, für uns sind Taxis auch Öffis", sagt Kogler. Und singt ein Loblied auf Wien, das "das beste Öffinetz Europas um nur einen Euro pro Tag" habe. Was ihm eher skeptische Blicke einbringt.

Wer wann wieder Ruhe hat

Wenig später outet sich ein älterer Herr als Fan. Von Kogler will er wissen, ob er mit Kurz koalieren würde. "Versprechen kann ich gar nix", sagt der Grüne. "Es wäre aber das Beste", beharrt der Mann. "Türkis-Grün-Pink muss her, dann haben wir endlich eine Ruh." – "Haha, wir dann aber nicht", sagt Kogler.

Der Langzeitpolitiker, der nun fürs grüne Comeback im Nationalrat sorgen soll, ist einer, der den Leuten am Kirtag gegen den Mund redet, um dann doch zu erfüllen, was sie von ihm erwarten. Die Blasmusik dirigieren? "Moch i aus Prinzip net", knurrt Kogler, um es später dann doch zu tun. Während seine Grünen-Entourage brav in Dirndl und Lederhose aufkreuzt, hat Kogler zwar einen Janker mit, zieht ihn aber nicht an. Den Trachtenhut, den ihm jemand auf den Kopf drückt, nimmt er wieder ab. Fürs Foto setzt er ihn dann doch auf, schiebt die grüne Brille auf die Krempe, zieht eine Grimasse und sagt: "Deppert schaun ist unsere Kernkompetenz."

Während einige die Grünen als obergscheite Spaßbremsen darstellen, die nur drauf aus seien, der Welt den politisch unkorrekten Mund zu verbieten, steht Kogler da und verarscht sich selbst und andere. Das kommt am Kirtag gut an. Die Menschen teilen ihm ihre Wertschätzung auf ihre Weise mit: "Do, nimm an Schluck", sagt einer, der schon wankt, und hält Kogler einen Bierkrug vors Gesicht, und der Wahlkämpfer tut, was ein Wahlkämpfer tun muss: Er nimmt das Glas dankend an, um es wenig später, als der Mann gerade wegschaut, wieder abzugeben, ohne getrunken zu haben.

"Einfach ist es nicht" für einen Grünen auf der Lederhosenparade, gesteht Kogler. "Aber genau deshalb sind wir da." Dieses Wir umfasst auch Sandra Krautwaschl und Lambert Schönleitner, Platz eins und zwei auf der Liste für den steirischen Landtag, der nun ebenfalls früher neu gewählt wird – auch mit den Stimmen der Altausseer. Gemeinsam schieben sie sich durch die Massen, vorbei an Verkaufsstandln mit Lebkuchen, Babylederhosen und in Plastikfolie eingeschweißten Plastikhandyschutzhüllen. Beim Zuckerwattestand bleibt Kogler stehen. Er zeigt auf den Stapel an Kübeln voll gesponnenen Einfachzuckers in pastelligen Farben und freut sich. "Türkis bleibt über", sagt er. Und der Verkäufer sieht den fremden Mann an und weiß nicht recht, wie ihm geschieht. (Maria Sterkl, 3.9.2019)