Foto: AFP / Michal Cizek

Hätte es in Tschechien so etwas wie eine politische Sommerpause gegeben, sie wäre am Montag mit einem Paukenschlag zu Ende gegangen. Nach einem monatelangen Streit über die Besetzung des Kulturministeriums, der erst Ende August beigelegt werden konnte, erscheint die jüngste Entwicklung in der "Affäre Storchennest" jedoch bloß wie ein weiteres Kapitel in der hitzigen Dauerdebatte rund um die Regierung in Prag.

Aktueller Stein des Anstoßes: Laut einem Bericht der Onlinezeitung Deník N hat der zuständige Staatsanwalt vorgeschlagen, die strafrechtliche Verfolgung von Premier Andrej Babiš in der Causa Storchennest einzustellen. Dem Chef der liberal-populistischen Partei Ano war zur Last gelegt worden, für sein gleichnamiges Freizeitressort unrechtmäßig EU-Förderungen in der Höhe von ungefähr zwei Millionen Euro kassiert zu haben.

Die Affäre reicht zurück bis ins Jahr 2008, bevor der Unternehmer in die Politik ging. Im Zentrum steht der Vorwurf, Babiš habe das Storchennest vorübergehend aus seiner milliardenschweren Holding Agrofert ausgegliedert, um an EU-Fördergelder für Klein- und Mittelbetriebe zu kommen. Die Staatsanwaltschaft sollte nun unter anderem klären, ob es sich dabei überhaupt um einen Straftatbestand handelt. Geht es nach der am Montag bekannt gewordenen Entscheidung, so könnte die Antwort Nein lauten.

Geld zurückgezahlt

Von einem definitiven Ende der Causa kann vorerst aber keine Rede sein. Babiš, der die Vorwürfe stets bestritten und das Geld dennoch zurückgezahlt hat, wollte sich zu den – aus seiner Sicht positiven – Neuigkeiten daher noch nicht näher äußern. Weder er noch seine Rechtsvertreter seien in der Sache verständigt worden. In der Tat liegt der Ball zunächst weiterhin bei der Staatsanwaltschaft Prag. Deren Sprecher erklärte am Montag, dass der zuständige Kollege mit der Entscheidung "seine ursprüngliche Rechtsmeinung geändert" habe – und dass seine Vorgesetzten diesen Schritt nun prüfen wollten.

Die Reaktionen aus den Reihen der Opposition fielen vor diesem Hintergrund erbost aus. Manche wittern gar Einflussnahme vonseiten des Premiers. "Von heute an wird sich die Staatsanwaltschaft desselben Vertrauens erfreuen wie die kommunistischen Ankläger vor 1989", twitterte etwa Ex-Finanzminister Miroslav Kalousek, Klubchef der rechtsliberalen Partei Top 09.

Doch selbst wenn die Ermittlungen eingestellt werden sollten, dürfte Babiš nicht so bald zur Ruhe kommen: Andere Vorwürfe im Zusammenhang mit EU-Förderungen aus seiner Zeit als Spitzenpolitiker, die zuletzt zu Massenprotesten geführt hatten, sind von der Entscheidung in der Causa Storchennest gar nicht betroffen. (Gerald Schubert, 2.9.2019)