Derzeit sind zwischen 1.700 und 1.800 SexarbeiterInnen in Wien gemeldet und auch aktiv.

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AsylwerberInnen dürfen nach den ersten drei Monaten nach Zulassung zum Asylverfahren nur einem sogenannten "freien Gewerbe" nachgehen. Dazu gehören Tätigkeiten wie Änderungsschneidereien, die Werbung von Mitgliedern für NGOs oder das Verfassen von Werbetexten. Auch Sexarbeit zählt dazu und kann in Selbstständigkeit ausgeführt werden, ohne dafür einen Gewerbeschein zu benötigen. Die FPÖ forderte zuletzt ein Verbot der Prostitution für AsylwerberInnen. Laut Klubchef Herbert Kickl geht es dabei um den "Schutz vor Menschenhandel und sexueller Ausbeutung". Außerdem sei die Zahl der Sexarbeiterinnen aus China und Nigeria stark gestiegen, auch Männer aus Afghanistan seien zunehmend in der Prostitution tätig.

Derzeit sind zwischen 1.700 und 1.800 SexarbeiterInnen in Wien angemeldet und auch aktiv. Das zeigen die verpflichtenden Gesundenuntersuchungen. Insgesamt gibt es in Wien derzeit nur Asylwerberinnen aus China und Nigeria, die in der Sexarbeit tätig sind, sagt Wolfgang Langer, Leiter der Meldestelle für Prostitutionsangelegenheiten der Landespolizeidirektion Wien, auf Nachfrage des STANDARD. Einen Anstieg der Zahl der nigerianischen Asylwerberinnen in der Prostitution kann er nicht bestätigen, er spricht vielmehr von einem "starken Rückgang". Derzeit arbeiten demnach 40 Asylwerberinnen aus Nigeria und 216 aus China in der Prostitution. Trotz dieser niedrigen Zahlen begrüßt Langer das Verbot. Die Zwangsverhältnisse zwischen Menschenhändlern und Prostituierten könnten derzeit oft nicht nachgewiesen werden, weil die betroffenen Frauen nicht aussagen, so Langer, "und ohne Aussagen kommen wir nicht an die Hintermänner".

Schwierige Kontaktaufnahme

Schätzungen, wie viele Personen insgesamt illegal in der Prostitution tätig sind, sind laut Langer schwierig. Rund 300 bis 400 Personen seien aber eine vorsichtige Schätzung. Genau diese Menschen in der Illegalität machen allerdings dem Verein Sophie, der Beratung für Sexarbeiterinnen anbietet, Sorgen. "Wir haben vorwiegend Kontakt zur Frauen, die registriert sind und in genehmigten Lokalen arbeiten", sagt Eva van Rahden, Leiterin von Sophie. "Wenn sie in die Illegalität gedrängt werden, ist es für NGOs oder andere unterstützende Organisationen sehr viel schwieriger, den Kontakt aufzunehmen", sagt sie. Außerdem könne man ein Verbot von Sexarbeit für Asylwerberinnen nicht in einen kausalen Zusammenhang mit der Vermeidung von Menschenhandel stellen. "Aus internationalen Studien wissen wir, dass viele Länder und Städte Probleme mit Menschenhandel haben", so van Rahden zu Kickls Argument, Österreich müsse als einziges EU-Land ohne ein Prostitutionsverbot während des Asylverfahrens nachziehen.

Es entspricht laut van Rahden auch nicht den Erfahrungen aus der Beratungspraxis, dass die derzeitige durchschnittliche Asylverfahrensdauer weniger als drei Monate sei, wie Kickl im Zusammenhang mit dem Prostitutionsverbot meinte. "Wir haben oft Frauen beraten, die in sehr langen Verfahren steckten, und wir wissen, dass es für die Menschen positiv ist, wenn sie das Gefühl haben, dass sie auch erwerbstätig sein können. Auch wenn es Sexarbeit ist."

Hauptthema Existenzsicherung

An die Beratungsstelle wenden sich vor allem Frauen mit sehr schlechten Verdienstmöglichkeiten, die Probleme mit Schulden haben, gesundheitliche Schwierigkeiten oder einfach Informationen zu Kinderbetreuung brauchen, erzählt van Rahden. Die materielle Existenzsicherung ist eines der Hauptthemen für Frauen, die gerade nach Österreich kommen, aber auch die Frage, wie sie es schaffen, in einen anderen Bereich zu wechseln. (Beate Hausbichler, 3.9.2019)