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Der Streit um die gescheiterte deutsche Pkw-Maut schaukelt sich hoch: Die deutsche Bundesregierung beschuldigt die Betreiberfirmen der Pkw-Maut einem Bericht zufolge, nach dem Stopp des Projektes noch Aufträge von weit über einer halben Milliarde Euro vergeben zu haben. Das geht aus vertraulichen Unterlagen hervor, aus denen der WDR und die "Süddeutsche Zeitung" vom Dienstag zitieren.

Die Vorwürfe richten sich dem Bericht zufolge an das Unternehmen Autoticket, das im Namen der österreichischen Gesellschafter Kapsch Trafficcom und der deutschen CTS Eventim das umstrittene Mautsystem für die deutsche Regierung einführen sollte.

Eine vom Verkehrsministerium beauftragte Anwaltskanzlei habe den Firmen deshalb in einem Brief den "vorsätzlichen Versuch einer treuwidrigen Schädigung" vorgeworfen.

Kritik wegen Umgang mit Steuergeldern

Dem Schreiben vom 25. Juni zufolge gehe es um sieben Verträge für Unterauftragnehmer mit einem Volumen von 576 Millionen Euro – allesamt verbundene Firmen. Für den deutschen Staat könnte das teuer werden. Damit wird der Maut-Streit um eine weitere Wendung reicher. Neben Verkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) geraten damit auch die Betreiberfirmen wegen des Umgangs mit Steuergeldern in die Kritik.

Von Kapsch Trafficcom hieß es Montagabends auf APA-Anfrage, man halte sich an die vertragliche Schweigepflicht und kommentiere die Berichte nicht.

Das Prestigevorhaben der CSU war am 18. Juni vom Europäischen Gerichtshof gekippt worden. Unmittelbar darauf hatte Scheuer die Verträge mit zwölf Jahren Laufzeit und einem Volumen von gut zwei Milliarden Euro gekündigt.

Vorwurf: Am Tag nach der Kündigung gingen frisch unterzeichnete Verträge beim Bund ein

Das Kündigungsschreiben sei dem Betreiberkonsortium in der Früh des 19. Juni überstellt worden, heißt es in dem Bericht. Die vertraulichen Dokumente offenbaren demnach in der Folge Aktivitäten der Betreiber, die das Ministerium für Tricksereien hält.

Kurze Zeit nach Eingang der Kündigung – in der Nacht des 20. Juni zwischen 1.24 und 1.45 Uhr – habe der Anwalt der Betreiber 15 Mails an den Bund gesandt, die auch die frisch unterzeichneten Verträge enthielten. Dies gehe aus den als Verschlusssache eingestuften Papieren hervor, heißt es in dem Bericht.

Nach Einschätzung eines Anwalts des Ministeriums hatten diese Vereinbarungen nur dazu gedient, "nachträglich Ansprüche in erheblicher Höhe gegen den Auftraggeber zu kreieren". Das sei eine "Schädigungsabsicht aller Beteiligten zulasten des Auftraggebers". (APA, 2.9.2019)