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Ljubow Sobol wurde am Wochenende nach Demos gegen die russische Regierung festgenommen.

Foto: AP / Alexander Zemilianchenko

Moskau – Die russische Staatsanwaltschaft ist mit ihrem Versuch gescheitert, einem Elternpaar das Sorgerecht für zwei seiner kleinen Kinder zu entziehen, weil es diese zu einer Demonstration der Opposition mitgenommen hatte. Das zuständige Gericht in Moskau habe die Klage abgewiesen, berichtete der Vater am Montag nach der Verhandlung hinter verschlossener Tür. "Sie nehmen uns unsere Kinder nicht weg."

Die Eltern hatten ihre drei Jahre und drei Monate alten Töchter Anfang August mit zu einer Demonstration der Opposition genommen. Daraufhin hatte die Staatsanwaltschaft gefordert, dem Paar, das insgesamt drei Kinder hat, die beiden zur Demo mitgenommenen Mädchen zu entziehen. Das zuständige Gericht wies dieses Ansinnen nun zurück. Es sprach aber eine "formelle Verwarnung" aus und forderte die Eltern auf, "ihr Verhalten zu ändern".

Allerdings wird der Fall als neues Druckmittel der Regierung gegen ihre Gegner gesehen und dürfte seine geplante abschreckende Wirkung auch nicht verfehlen: "Letztlich ist ihnen ab sofort verboten, mit ihren Kindern zu Demonstrationen zu gehen", teilte die Anwältin des Paares mit. Sollten die Eltern mit ihren Kindern auch nur in die Nähe einer Demonstration gehen, könnten sie immer noch das Sorgerecht verlieren.

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Außerdem hat die russische Staatsmacht gleich einen weiteren Schritt gesetzt, mit der sie gegen Demonstranten vorgehen will. Wie am Dienstag bestätigt wurde, nahm die Polizei nahm bereits am Wochenende die russische Bürgerrechtlerin Ljubow Sobol fest. Sie sei im Gefolge der Wahlproteste in Moskau festgenommen worden, erklärte eine Sprecherin des Kreml-Kritikers Alexej Nawalni, zu dessen Mitstreitern Sobol zählt, via Twitter. Zu den Gründen für die Festnahme äußerte sie sich nicht.

Mehrere tausend Menschen waren am Samstag in Moskau auf die Straße gegangen, um für freie Kommunalwahlen in der russischen Hauptstadt am 8. September zu demonstrieren. Die Behörden hatten die Proteste verboten.

Die Demonstranten forderten auch die Freilassung von Aktivisten, die bei früheren Kundgebungen festgesetzt worden waren. Sobol machte am Samstag die Stadtregierung von Moskau für das harte Vorgehen verantwortlich. Früher am Montagabend wurden bereits der Journalist Ilja Asar und der Nawalni-Mitstreiter Nikolai Ljaskin festgenommen, wie sie über die sozialen Medien mitteilten. Ljaskin twitterte später, er sei wieder freigelassen worden.

Haft für Blogger

Zudem wurde am Dienstag bekannt, dass ein prominenter Blogger für Äußerungen zu den Proteste zu fünf Jahren Haft verurteilt wurde. Die russische Regierung warf Vladislav Sinitsa vor, während der Proteste online zu Gewalt gegen die Kinder von Polizisten aufgerufen zu haben. (red, APA, 3.9.2019)