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Regierungssprecher Yang Guang demonstrierte Verständnis für die Demonstranten – aber nur ein wenig.

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Auch am Montag gingen Tausende auf die Straße.

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Demonstranten im Tamar-Park.

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Hongkongs von Peking eingesetzte Verwaltungschefin Carrie Lam gab ein halbherziges Dementi ab. Vor der internationalen Presse bestritt sie am Dienstag, dass sie aufgeben wolle, entnervt von den eskalierenden, gewaltsamer werdenden Dauerprotesten. Nach einem von Reuters veröffentlichten Audiomitschnitt hatte sie vergangene Woche zu Wirtschaftsführern gesagt: "Wenn ich die Wahl hätte, wäre das Erste, was ich tun würde, zu gehen." Die Lage in Hongkong sei außer Kontrolle. Sie habe "nur begrenzten Spielraum, um den Konflikt lösen zu können".

Das sei aber nur eine private Äußerung im vertraulichen Kreis gewesen, die ihre individuellen Gefühle widerspiegelte. Sie habe nicht als Hongkongs Führerin gesprochen. So relativierte Lam ihre brisanten Worte. Sie versicherte, weiter an Bord zu bleiben und es als ihre wichtigste Aufgabe anzusehen, die Unruhen zu befrieden.

Sofort berichtete auch Chinas Nachrichtenagentur Xinhua: Lam habe "niemals der Zentralregierung den Rücktritt angeboten", nicht einmal angedeutet, mit ihr darüber sprechen zu wollen.

"Chaos und Aufruhr stoppen"

Pekings Erleichterung, dass es im seit 13 Wochen brodelnden Hongkong nicht auch noch zu einer Führungskrise kommt, kam dann am Nachmittag zum Ausdruck. Chinas oberste Regierungsbehörde zur Aufsicht über Hongkong und Macau (HKMAO) sprach Lam und der Hongkonger Polizei das Vertrauen der chinesischen Führung aus. Sie unterstütze Lam bei ihrem "Kampf zum Stopp von Chaos und Aufruhr und zur Wiederherstellung der Ordnung".

Peking stärkte ihr demonstrativ den Rücken. Doch Sprecherin Xu Luying verband damit eine unverhüllte Drohung: "Wenn sich die Lage verschlimmert und zum Aufruhr eskaliert, der Chinas staatliche Souveränität und Sicherheit bedroht und von Hongkongs Regierung nicht mehr kontrolliert werden kann, dann wird man nicht untätig zusehen." Xu bestätigte, dass Peking mit seiner Armee eingreifen könnte. Nach Paragraf 14 des Hongkonger Grundgesetzes darf sie den lokalen Behörden helfen, die soziale Ordnung wiederherzustellen, wenn sie ausdrücklich vom Hongkonger Verwaltungschef um Hilfe angerufen wird.

Drohung mit Militäreinsatz

Neu ist, dass Xu auch den Paragrafen 18 nannte. Der besagt, dass Chinas Ständiger Ausschuss des Volkskongresses den Notstand über Hongkong ausrufen könne, wenn dort "unkontrollierbares Chaos ausbricht, das die staatliche Einheit und Sicherheit bedroht". Mit diesen Paragrafen hält sich Peking Optionen zum Eingreifen offen.

Der Sprecher der Regierungsbehörde Yang Guang zeichnete ein widersprüchliches Bild, wie in Peking die Entwicklung in Hongkong bewertet wird. Zuerst sprach er von einem "positiven Wandel", nachdem immer mehr patriotische Hongkonger gegen die Gewalt mobil machten. Seit dem Beginn der Proteste im Juni habe Hongkongs "beste Polizei der Welt" zudem bis zum 2. September 1117 Demonstranten festgenommen. Yang gestand ein, dass die Unruhen auch "tief verwurzelte Widersprüche widerspiegeln" . Er nannte als Beispiele für soziale Probleme die "teuren Wohnungen, die Reichtumskluft" und kaum vorhandene soziale Aufstiegsmöglichkeiten. Solche Fragen "verlangen hohe Aufmerksamkeit und effektive Maßnahmen".

Damit war es mit Yangs Verständnis für Hongkongs Massenproteste aber auch schon zu Ende. Er bewertete die derzeitige Lage als "weiterhin grimmig und durchwachsen". Peking verliere die Geduld nach dem jüngsten Gewaltausbruch mit Molotowcocktails am Wochenende, mit Blockaden des Flughafens und der U-Bahnen, mit Attacken auf Hoheitssymbole und der Mobilisierung von Schülern und Studenten.

Überall sehe die chinesische Regierung Anzeichen für Terrorismus und für aus dem Ausland angestiftete Subversion, die sich in den Slogans für eine "Befreiung" oder "Unabhängigkeit" Hongkongs oder in Forderungen nach einer Allianz mit den USA und Großbritannien "sogar schmecken lässt".

Unnachgiebiges Peking

Peking besteht auf unnachsichtige Verfolgung aller Gewalttäter, lehnt es kategorisch ab, über die fünf Forderungen der Demonstranten – wie die endgültige Abschaffung des Auslieferungsgesetzes, eine Untersuchung der Polizeigewalt oder politische Reformen für Hongkong – auch nur zu reden. All das sei nur ein "Vorwand für Radikale", ihre Gewalttaten fortzusetzen, "deren Ziel es ist, Hongkongs Regierung zu stürzen". (Johnny Erling aus Peking, 3.9.2019)