Schloss Neuschwanstein im Nebel. Nun haben Forscher den Grundstein des berühmten Bauwerks ausgemacht.

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Hinter der Mauer rund um diesen "Feierabendziegel" im Ritterbad liegt der Grundstein von Schloss Neuschwanstein. Wie der Inhalt der Grundstein-Kapsel aber genau aussieht, bleibt vorerst unbekannt.

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Das Schloss Neuschwanstein in der Gemeinde Schwangau im Ostallgäu, ursprünglich als "Neue Burg Hohenschwangau" bezeichnet, wurde nach den Wünschen des bayerischen Königs Ludwig II. ab 1869 als idealisierte Vorstellung einer Ritterburg aus der Zeit des Mittelalters errichtet. Entworfen wurde das Märchenschloss von dem Theater- und Bühnenmaler Christian Jank, umgesetzt wurden die Pläne von den Architekten Eduard Riedel und Georg von Dollmann. Ludwig II. erlebte die Fertigstellung der Anlage allerdings nicht. Er ertrank unter bis heute nicht einwandfrei geklärten Umständen am 13. Juni 1886 im Starnberger See

Der vor 150 Jahren gelegte Grundstein des weltberühmten Bauwerks, das nicht zuletzt Walt Disney inspiriert haben soll, enthält laut der Beschreibung des Entwurfs zur Grundsteinlegungsurkunde eine Metallkapsel mit einem Bauplan, Porträts des Bauherrn König Ludwig II. und Geldmünzen. Doch wo genau sich der Stein befindet, blieb bis vor kurzem ein Rätsel.

Dank der Unterstützung von Wissenschaftern des Kompetenzzentrums Denkmalwissenschaften und Denkmaltechnologien (KDWT) der Universität Bamberg hat das legendäre Schloss sein bislang gut gehütetes Geheimnis nun jedoch preisgegeben. "Am Ende unserer Suche blieb eine Stelle hinter einem der Ziegel im Umfeld des sogenannten "Feierabendziegels", der mit 1869 datiert ist, übrig", erklärt der Restaurierungswissenschafter und Projektleiter Rainer Drewello. "Die Kapsel des Grundsteins haben wir dort in einer Tiefe von etwa 1 bayerischen Fuß, also circa 30 Zentimeter, verortet."

Nie gebautes Ritterbad

Auf Anfrage der Schlossverwaltung und der Bauabteilung der Bayerischen Schlösserverwaltung (BSV) haben Rainer Drewello und ein Team aus Bauforscherinnen und -forschern mithilfe eines 3D-Scanners die Pläne der Innen- und Außenseite des sogenannten "Ritterbades" angefertigt beziehungsweise den bestehenden Plan der Außenseite mit dem neuen Plan der Innenseite als 3D-Scan kombiniert. Das nach Vorbild des Bads in der mittelalterlichen Wartburg geplante Ritterbad im Westteil des Palas sollte an das rituelle Bad der Gralsritter erinnern, wurde allerdings nie erbaut. Heute führt dort eine Besuchertreppe hinunter zum Ausgang. In diesem Areal hatte Uwe Schatz, Leiter der Museumsabteilung der BSV, der die Suche nach dem Grundstein vor zwei Jahren initiierte, den Fundort vermutet.

Nach der Fertigstellung der Pläne suchten die Bamberger Wissenschafter nach Möglichkeiten, um den Grundstein inklusive der Metallkapsel mit den Beigaben im Mauerwerk zu lokalisieren. "Zur genauen Verortung des Grundsteins kamen mit dem Georadar, einer Metalldetektion der Kapsel durch Elektromagnetik oder das Durchröntgen der Mauer drei verschiedene Methoden in Frage", sagt Drewello. "Mit Ausnahme des Georadars verfügen wir aber nicht über das sehr spezielle Instrumentarium."

Kriminaltechnische Hilfe

Aus diesem Grund ersuchten die Bamberger Forscher auf Anraten der Kriminalpolizei Bamberg um Hilfe beim Bayerischen Landeskriminalamt (BLKA) in München – die auch umgehend gewährt wurde. Das BLKA verfügt in der Technischen Sondergruppe (TSG) über Spezialisten, die normalerweise zur Entschärfung von unkonventionellen Spreng- und Brandvorrichtungen ausgebildet sind.

Bei einem anberaumten Termin Anfang August entschieden sich die Wissenschafter der Universität Bamberg zunächst dafür, die Mauer zu durchröntgen. Ein schwieriges Unterfangen, das nur mit Kletterteams von BSV und BLKA möglich wurde. Sie brachten in über 10 Metern Höhe – vom Boden des Ritterbades aus gezählt – an der Außenseite der Schlossmauer eine Metallplatte an, die die Röntgenstrahlen aufnahm. Danach kamen zwei verschiedene Geräte, ein Metalldetektor und ein Minensuchgerät zum Einsatz. Sie brachten schlussendlich die Lösung. Der in Frage kommende Bereich konnte durchmustert und die genaue Lage des Grundsteins exakt geortet werden.

Inhalt der Grundsteinkapsel bleibt ein Geheimnis

Wie der Inhalt der Grundstein-Kapsel aber genau aussieht, ist nach wie vor unbekannt. "Aus Denkmalschutzgründen bleibt das Mauerwerk geschlossen und die Kapsel damit unberührt", sagt Drewello. "Wir hoffen nun darauf, dass die transportablen Durchleuchtungssysteme weiterentwickelt und es uns mit verbesserter Ausrüstung irgendwann möglich sein wird, auch dieses Geheimnis zu lüften." (red, 3.9.2019)