Wie empfinden die Österreicher das Zusammenleben mit Migranten, wie leicht finden es Zugewanderte, sich hier einzuleben? Diese Fragen werden im aktuellen Integrationsbericht nicht thematisiert.

Foto: APA/neubauer

Menschen mit Migrationshintergrund sind stärker am österreichischen Jobmarkt vertreten als vor fünf Jahren. Zwischen 2013 und 2018 stieg die Erwerbsbeteiligung von Menschen mit Migrationshintergrund, das galt für alle Herkunftsgruppen, am stärksten aber für Menschen aus Afghanistan, Syrien und dem Irak. Das geht aus dem aktuellen Integrationsbericht des Expertenrats für Integration hervor, der im Beisein des ressortzuständigen Außenministers Alexander Schallenberg am Mittwoch präsentiert wurde.

Die Zahl der Asylanträge ist demnach in den vergangenen Jahren stark gesunken. Im Jahr 2018 lag Österreich auf dem niedrigen Niveau von 2016. Dennoch bleiben die Herausforderungen, die sich aus den Flüchtlingsankünften 2015 ergeben, laut Schallenberg auch weiterhin "enorm".

Insgesamt ist der Anteil an Personen mit Migrationshintergrund in den vergangenen Jahren beträchtlich gestiegen. Im Jahresdurchschnitt 2018 lebten laut Statistik Austria rund 2,02 Millionen Menschen mit ausländischen Wurzeln in Österreich. Das sind um 400.000 beziehungsweise 25 Prozent mehr als fünf Jahre davor. Der Anteil der Bevölkerung mit Migrationshintergrund stieg in dieser Periode von 19,4 Prozent auf 23,3 Prozent.
GRafik: APA

Zwar ist die Erwerbsbeteiligung der Menschen aus Syrien und Afghanistan überproportional stark gestiegen, doch gibt es weiterhin viel zu tun. Bei syrischen Staatsbürgern war die Arbeitslosigkeit 2018 mit knapp 51 Prozent besonders hoch, sagt Stephan Marik-Lebeck von der Statistik Austria, wenngleich es auch hier einen Rückgang um zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahr gab.

Die hohe Zahl an Arbeitslosen und Mindestsicherungsbeziehern in dieser Gruppe erkläre sich auch durch die Tatsache, dass viele dieser Personen soeben erst ihren rechtskräftigen Asylbescheid erhalten haben, betont Expertenratsvorsitzende Katharina Pabel. Die Betroffenen haben somit erst seit kurzem das Recht, hier zu arbeiten und an frühere Erwerbsbiografien im Herkunftsland anzuknüpfen. Immerhin: Nimmt man alle Flüchtlinge, die seit 2011 ins Land gekommen sind, kommt man auf eine Erwerbsbeteiligung von 53 Prozent, sagt Arbeitsmarktexpertin Gudrun Biffl von der Donau-Uni Krems. Damit liege Österreich europaweit vorn. Sorgen macht Biffl jedoch die geringe Erwerbsintegration von Frauen aus manchen Herkunftsgruppen. Sie liege etwa bei Frauen aus Syrien und Afghanistan nur bei 20 Prozent. Die Politik müsse diese Frauen "gezielt fördern", es brauche "Sozialarbeit, gekoppelt mit Arbeitsmarktpolitik", so Biffl.

Neue Schwerpunkte

Für den aktuellen Bericht hat sich der Expertenrat thematische Schwerpunkte gesetzt, die in groben Zügen die integrationspolitische Agenda der türkis-blauen Regierung widerspiegeln: Jugendliche, Religion und Säkularität, Geschlechterrollen und Heiratsmigration. Entscheidende Themen wie Wohnen oder Gesundheit fehlen in dem Bericht.

Was fehlt

Im Gegensatz zu früher sind auch die Einstellungen der Menschen kein Thema mehr im Integrationsbericht: Eine im Auftrag des Expertenrats durchgeführte GfK-Erhebung hatte vor zwei Jahren noch ergeben, dass sich die Stimmung der nichtzugewanderten Bevölkerung in puncto Integration verschlechtert hatte. 63,5 Prozent stuften damals das Gelingen der Integration als schlecht oder sehr schlecht ein. Im Vorjahr gab es die Erhebung auch, damals fanden in den Bericht jedoch nur Fragen über die Mentalität der Migranten Eingang – die Frage, wie aufnahmebereit die hier Geborenen sind, fehlte. Im aktuellen Bericht findet sich überhaupt keine qualitative Erhebung der Mentalitäten mehr. Der Bericht beschränkt sich großteils auf Zustandsbeschreibungen.

Handlungsempfehlungen sind kaum vorhanden. Dem Vernehmen nach wollte man im Expertenrat verhindern, dass allzu knackige Aussagen als Wahlkampfmunition missbraucht werden könnten. (Maria Sterkl, 4.9.2019)