Foto: ORF/Thomas Ramstorfer

Peter Klien, bisher gnadenloser Außenreporter von "Willkommen Österreich", hatte für eine Vorpremiere als Late-Night-Host das denkbar undankbarste Publikum: Journalisten, die nicht klatschen und auch nicht ganz leicht zum Lachen zu bringen sind. Versucht hat er es bei den "größten Huren des Planeten" (Heinz-Christian Strache auf Ibiza) mit Stand-up-Satire wie dieser – ein Vorgeschmack auf "Guten Abend Österreich", das ab Donnerstag kommender Woche in ORF 1 läuft.

Die Stand-up-Witze

Aus Kliens Stand-up-Comedy bei der Pressepräsentation der Late Night am Mittwoch, wie sie die Sendung formatgerecht eröffnen soll:

  • "Ganz herzlichen Dank an die FPÖ" – sie sorgte mit dem Ibiza-Video dafür, dass Kliens Politsatire in Wahlkampfzeiten starten kann.
  • Für die Grünen war der 17. Mai ein "Friday for Future".
  • Für die FPÖ bedeutete das den Abgang von Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus – "kann man da schon von einem Braindrain sprechen?".
  • Dafür hat die FPÖ einen neuen Star, Philippa Strache, die als Social-Media-Beauftragte zeigte, "wie gut sie mit einer Maus umgehen kann", und daher "als Nächstes Tierschutzbeauftragte" der Freiheitlichen wurde: "Viele in der Partei waren erleichtert – endlich jemand, der mit Vilimsky Gassi geht."
  • "Bei der ÖVP weiß man: Ein Wahljahr ist doppelte Arbeit – gerade in der Buchhaltung."
  • Die ÖVP sei gerade erst draufgekommen, dass ihr Heidi Horten in zwei Jahren in Summe eine Million Euro gespendet hat: "Die größte Summe, die jemals mit dem Enkeltrick erbeutet wurde."
  • ÖVP und FPÖ hätten in der Regierung vieles richtig gemacht: "Ohne Zwölfstundentag würde die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft mit ihrer Arbeit nie fertig werden."
  • Von den Konflikten zwischen ÖVP und FPÖ müssten "eigentlich die Kleinparteien profitieren – zum Beispiel die SPÖ".
  • Warum plakatiert die SPÖ "Mehr Zusammenhalt"? Burgenland-Hauptmann Hans Peter Doskozil sagt immer, wenn er Parteichefin Pamela Rendi-Wagner sieht: "Halt's zsamm!"
  • Rendi-Wagner habe gerade auf Facebook gepostet: Das Wichtigste im Leben sind die kleinen Dinge. "Für die wird sie in ein paar Wochen wesentlich mehr Zeit haben."

Klien versichert übrigens auf STANDARD-Anfrage, er werde sich nicht – wie gerade Jan Böhmermann ("Neo Magazin Royale") bei der SPD – bewerben, wenn die SPÖ nach der Wahl einen neuen Parteichef oder eine neue Parteichefin sucht. "Da habe ich anderes zu tun." Aktionismus könne man aber auch von "Gute Nacht Österreich" erwarten.

  • Peter Klien hätte schon einen Namen für eine Partei, würde er eine gründen: "Keine". Er freut sich schon auf die Wahlplakate: "Für unsere Heimat – wählt keine Partei!"
  • Zum Schulstart noch die "Digitalisierungsoffensive" der alten Regierung: In der Früh sammeln die Lehrer die Smartphones ihrer Schülerinnen und Schüler ein, um ihnen dann Tablets auszuhändigen.
  • Tablets erklärt Klien älteren Semestern wie etwa seinen Maturakollegen als "riesige Taschenrechner, mit denen man unter der Schulbank Gewaltpornos schauen kann".
  • Gesucht würden allerdings noch "Tablets, die unter Windows 95 laufen", bemängelt werde, dass "die Kreide auf den Tablets nicht so gut lesbar ist".
  • Lehrer aber sei grundsätzlich "ein schöner Beruf: Am Vormittag hast du recht, am Nachmittag hast du frei."

Seine Philosophie-Lehrveranstaltung über Griechische Terminologie an der Uni Wien hat Klien schon aufgegeben, seinen Job als gnadenloser "Reporter ohne Grenzen" bei "Willkommen Österreich" ebenfalls.

Peter Klien als gnadenloser Außenreporter von "Willkommen Österreich", hier etwa Anfang 2019 bei der Regierungsklausur von ÖVP und FPÖ.
Peter Klien

Gelegentlich wird sich Klien allerdings auch als Late-Night-Talker noch zu wirklich großen Events aufmachen, wohl noch im laufenden Wahlkampf.

Die Sendung: Stand-up, Videos, Erklärstrecke auf 30 Minuten

"Gute Nacht Österreich" mit Peter Klien geht am 12. September um 21.55 Uhr erstmals in ORF 1 on air. Mit Stand-up-Comedy zum Einstieg, dann folgen Rubriken wie "Virale Videos unter 100 Views" – Politikervideos, die "bisher leider niemand geschaut hat", und "Insta-Politics" sowie "111 Dinge, die Sie in Österreich nicht gesehen haben müssen", eine Presseschau.

In der Pilotfolge spekuliert Klien über Krankheiten der Menschen in berühmten Porträts – Dürer mit Spliss, Schieles Selbstporträts als frühe Hip-Hop-Posen bei schwindender geistiger Gesundheit, Munchs Figur in der "Schrei" deute auf Lebensmittelvergiftung hin.

Danach soll eine satirische Erklärstrecke dem Publikum News und Infos zu einem Thema vermitteln – "ein satirisches Dossier auf der Basis von Fakten", die die Rechercheplattform Dossier.at für Kliens Show aufbereitet. In der ersten Folge am 12. September soll es da um Parteienfinanzierung gehen.

In der Pilotfolge widmet sich Klien dem Föderalismus. Um den zu vermitteln, werden Kühe gesprengt, Katzenbilder erleichtern den Einstieg, Energieschutzringe dürfen nicht fehlen. Die Landeshauptleutekonferenz erklärt Klien als "Heurigen, bei dem sich die Landeshauptleute treffen, um Bundespolitik zu machen". Die Länderkammer des Parlaments, den Bundesrat, erklärt Klien zu Österreichs Platz Nummer eins für "antriebslose Kopfnicker mit düsterer Zukunft". Platz zwei in dieser Kategorie: das Festival Nova Rock.

Falsche Gäste

Talkgäste wie in anderen Late-Night-Shows, die ihre neue CD bewerben wollen, soll es in "Gute Nacht Österreich" nicht geben. Kabarettkollegen Kliens werden aber als "Experten" in die Sendung kommen – ob "zum Nahen Osten oder zur Steiermark".

Quotenvorbild: "Willkommen Österreich"

Klien sagt, er kennt keine Quotenvorgabe des ORF für seine Show. Für ihn funktioniert sie, wenn er "das Gefühl hat, es fahrt" und sie findet ihr Publikum – im Fernsehen und in den sozialen Medien. Die Sendung hat schon einen Facebook-Channel, der ab TV-Start bespielt wird, auch in anderen Social Media soll sie laut ORF präsent sein, soweit das ORF-Gesetz es erlaubt.

"Willkommen Österreich" habe vor fünf Jahren 250.000 Zuschauer gehabt, jetzt liegen Stermann und Grissemann bei 350.000, sinniert Klien zur Quote. Orientiert er sich daran? Natürlich, sagt er, "das muss ein Vorbild sein, auch eine Late Night, zur selben Zeit, zwei Tage vorher".

Wie lange läuft der Vertrag mit dem ORF über die Show? Klien will das nicht genauer sagen, aber: Die Show sei "langfristig geplant", jedenfalls "tief ins nächste Jahr hinein". Aber natürlich könne der ORF eine Sendung auch "jederzeit absetzen".

Vorbild: "Gott" Harald Schmidt, Einstimmung mit Böhmermann

Mit Harald Schmidt ist Peter Klien aufgewachsen, er ist "mein persönlicher Gott". Klien hat zur Vorbereitung auf "Gute Nacht Österreich" diesen Gott getroffen und zwei Stunden mit ihm über seine Erfahrungen geplaudert. Er hat auch Jan Böhmermann getroffen und Oliver Welke von der "Heute-Show". "Alle sagen: Am Anfang ist es schwierig, in die Spur zu finden, bis das Format trägt."

Als Vorbilder nennt Klien neben Schmidt Stephen Colbert ("wunderbare Stand-up") und John Oliver ("Last Week Tonight with John Oliver")*, vor allem für das Erklärstück in der Sendung.

Satire als öffentlich-rechtlicher Ausweis für Unabhängigkeit

Channel-Managerin Lisa Totzauer und ihr neuer Late-Night-Talker Peter Klien bei der Präsentation von "Gute Nacht Österreich".
Foto: ORF/Roman Zach-Kiesling

ORF-1-Chefin Lisa Totzauer erklärt politische Satire "zum Kernauftrag für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Wir zeigen auf sehr direkte Art und Weise unsere Unabhängigkeit und stärken unsere Glaubwürdigkeit."

In den USA ist TV-Politsatire wie die "Daily Show" wichtige politische Informationsquelle vor allem jüngerer Zielgruppen. "Wir wollen Inhalte vermitteln, die wahr sind und zum Lachen bringen, und so Zielgruppen etwas mitgeben, die nicht so informationsaffin sind."

Totzauer: "Satire ist beinhart, direkt, mutig und trifft jeden – auch das Establishment. Satire hinterfragt." Und "weil alle drankommen, wird sich eh niemand aufregen müssen", erwartet sie. (fid, 4.9.2019)