In Österreich war der Protest schon erfolgreich, nun will auch Deutschland Glyphosat verbieten – aber erst Ende 2023.

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Berlin – Deutschland will Regierungskreisen zufolge den umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat auch zum Schutz von Insekten bis 2023 komplett verbieten. Zum Stichtag 31. Dezember 2023 werde der Einsatz glyphosathaltiger Mittel verbindlich beendet, heißt es im "Aktionsprogramm Insektenschutz", den die Regierung laut den Insidern, die die Agentur Reuters zitierte, am Mittwoch beschloss.

In den nächsten Jahren soll demnach die Anwendung bereits um drei Viertel reduziert werden. Damit wurde ein langer Streit zwischen Umwelt- und Landwirtschaftsressort beendet. Ursprünglich hatte das Umweltministerium auf ein Aus bis 2021 gedrängt. Breitbandherbizide wie Glyphosat töten Pflanzen vollständig ab, darunter viele, auf die Insektenarten als Nahrung angewiesen sind. Glyphosat steht zudem im Verdacht, krebserregend zu sein, weshalb der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer sich in den USA milliardenschwerer Klagen erwehren muss.

In Österreich ab 2020 verboten

Mit dem Aktionsprogramm will Deutschland das Insektensterben der vergangenen Jahre bremsen. Daher soll der Einsatz von Insektiziden, die die Artenvielfalt beeinträchtigen, auch in Naturschutzgebieten und Nationalparks komplett untersagt werden. Die Zulassungsvoraussetzungen neuer Pflanzenschutzmittel werden zudem verschärft. Landwirte sollen ferner verpflichtet werden, für Insekten Rückzugsflächen am Rand von Feldern oder auf diesen selbst zu schaffen. Der Bund wird daneben zusätzliche Flächen als Biotope ausweisen. Unter anderem will Deutschland der Forschung 100 Millionen Euro für den Insektenschutz zur Verfügung stellen.

Die EU hat den Wirkstoff bis Dezember 2022 genehmigt, wie aus der EU-Pflanzenschutzverordnung hervorgeht, die auch für Österreich gilt. Der Nationalrat hat jedoch Anfang Juli ein Totalverbot des Pflanzenschutzmittels vereinbart, das am 1. Jänner 2020 in Kraft treten soll.

Bayer will auf Kritiker "zugehen"

Bayer hatte das womöglich schon geahnt: Angesichts der wachsenden Kritik ging der Konzern demonstrativ auf seine Kritiker zu. "Wir können nachvollziehen und respektieren, dass es in einigen europäischen Ländern den Wunsch der Politik gibt, den Einsatz von Glyphosat zu reduzieren", sagte der für das Agrargeschäft zuständige Vorstand Liam Condon dem "Tagesspiegel" vom Dienstag.

Man werde daher "mit unterschiedlichsten Interessengruppen zusammenarbeiten, um alternative Lösungen zu entwickeln". Bayer wolle das Gespräch mit Landwirten, Regierungen, Unternehmen, aber auch Nichtregierungsorganisationen suchen. Der Konzern hatte sich um eine Verlängerung der Zulassung bemüht. Bayer, das im vergangenen Jahr den US-Glyphosathersteller Monsanto übernommen hatte, will "die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitgliedsstaaten anerkennen und einen angemessenen Vorschlag zu sinnvollen Einsatzgebieten unterbreiten", sagte Condon. Allerdings sei man weiter von der Sicherheit der Produkte überzeugt. (red, APA, 4.9.2019)