Foto: Screenshot YouTuber/Trailer
Alison Bell als Audrey.
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Die australische Serie "Milcheinschuss" gehört zu den guten unter den Mom-Serien. Dieser Eindruck bestätigt sich erst recht mit der zweiten Staffel, die seit vergangenem Sommer auf Netflix verfügbar ist. In der ersten trifft Audrey durch die Geburt ihres ersten Kindes auf andere Frauen, mit denen sie nicht viel gemeinsam hat – außer eben ein wenige Wochen altes Baby. Sophie ist stockkonservativ und verbreitet, wenn auch so zuckersüß wie die Pastellfarben, die sie trägt, Leistungsdruck unter den Müttern. Esther ist die toughe Businessfrau, die nichts weniger leiden kann, als wenn sich Mütter gegenseitig verurteilen. Barbara hat bereits zwei Kinder und ist mit ihren nunmehr dreien Vollzeitmutter, für die spätestens ab dem frühen Abend die Weißweinflasche zur treuen Trösterin wird. Und dann ist da noch Martha, die ihr Kind via Samenspender bekam. Ab hier: Achtung Spoiler!

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Dass man gerade in dieser harten Zeit plötzlich auf Menschen trifft, die man sich wohl als FreundInnen freiwillig nicht ausgesucht hätte, ausgerechnet dann, wo der eigene Lebensentwurf womöglich ebenso wie politische Überzeugungen hart auf die Probe gestellt wird – das trifft auch Audrey hart. Immer wieder verstummt die Feministin in ihr, während sie auf die bisher unbekannten Grenzen des Sagbaren für Mütter stößt.

Diese zahlreichen Momente in "Milcheinschuss" setzt Alison Bell als Audrey großartig in Szene: Das Lächeln gefriert, ihre weit geöffneten Augen scheinen verzweifelt einen Ausweg aus der diskursiven Misere zu suchen, während sie schier endlos weiterredet, um sich doch noch irgendwie da hinauszumanövrieren. Sei es, wenn es darum geht, den Eindruck zu erwecken, die Sache mit dem Baby auch nur halbwegs im Griff zu haben – oder wenn der Schreck mimisch und verbal im Zaum gehalten werden muss, wenn eine andere Mutter ihre neue Schwangerschaft verkündet – 15 Monate nach der Geburt des ersten Kindes. "So schnell?!", ruft Audrey mit eisernem Lächeln und sichtlich entsetzt.

Für sich eintreten

Sie selbst hat sich wenige Monate nach der Geburt ihres Kindes anders entschieden. Ein Kleinkind und dann noch ein Baby? Das wollte sie einfach nicht. Bereits mit einem Kind fühlt sie sich körperlich über- und geistig unterfordert. Sie hat gute Gründe, trotzdem behält Audrey ihren Schwangerschaftsabbruch lange für sich. Verständlich, wenn Frauen wie Sophie ihr schockiert erklären, "niemals würde ich ...". Eine Mutter, die abtreibt – undenkbar für Sophie.

Es tun aber viele, wendet Audrey mit einem leisen "just a fact" noch etwas schüchtern ein, um gegen Ende der Staffel hin doch noch für sich und ihre Entscheidung einzutreten. Tja, das frischgebackene Elternparkett ist schlüpfrig, aber dank Frauen wie Audrey wird die Gefahr, auszurutschen nach und nach geringer. (Beate Hausbichler, 5.9.2019)