Jedes Geheimnis wird irgendwann einmal gelüftet: "Der Honiggarten."

Foto: Polyfilm

"Hide from your neighbours as much as you please, but everything that happens you must tell the bees" – so sagt man in dem schottischen Kaff, in dem Der Honiggarten (im Original: Tell it to the Bees) zu Beginn der 1950er-Jahre spielt, frei nach Rudyard Kiplings Bee-Boy’s Song. Der erste Teil des Gebots scheitert an der sozialen Kontrolle, jedes Geheimnis wird ans Licht gezerrt – so auch die lesbische Beziehung zwischen der Fabrikarbeiterin Lydia und der Ärztin und Bienenzüchterin Dr. Jean Markham.

Vor Jahren floh sie als "dirty dyke" gebrandmarkt aus der bigotten Gemeinschaft, nun kehrt sie unter feindseligen Blicken zurück, um die Praxis des Vaters zu übernehmen. Bleibt der zweite. Und der ist nicht mal (nur) metaphorisch gemeint. Denn für Charlie, Lydias kleinen Sohn, werden die emsigen Insekten in Dr. Jeans Garten tatsächlich zu Zuhörern, mit denen er seine Sorgen teilen kann.

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Der Honiggarten entfaltet sich in der Rückblende – eine Kindheitserinnerung an einen prägenden Sommer. Der Vater verlässt die Familie, die Mutter verliert ihren Job in der Textilfabrik. Schikanen durch Mitschüler, Zwangsräumung, außerdem Dinge, die Charlie nicht versteht: ein BH im Gestrüpp, ein Paar beim Sex, die eigene Mutter im Bett mit einer Frau. Die beschränkte Perspektive ist der Regisseurin Annabel Jankel dann aber auch schon wieder egal.

Tweed und Honig

In groben Stichen verbindet sie kindliche Sicht, Liebesdrama, Milieuschilderung und magischen Realismus, die Textur folgt dem konventionellen period piece: gediegener Tonfall, die Farben von Backsteinhäusern, Tweed und Honig. Schwer zu schaffen in der Metaphernproduktion haben die Bienen: sie stehen für Freiheit und Kooperation. Am Ende sind sie gar eine Zauberwaffe gegen männliche Gewalt. (Esther Buss, 4.9.2019))