Am Montag haben nach Polizeiberichten knapp 1.500 Migranten die Inseln verlassen, überwiegend Minderjährige, Frauen und Familien sowie kranke Menschen.

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Lesbos – Im völlig überfüllten Migrantenlager von Moria auf der griechischen Insel Lesbos ist es am Mittwoch zu Gewalt bei Protesten gekommen. Die Polizei setzte nach eigenen Angaben Tränengas ein, als einige Migranten Steine auf Polizeibeamte und Mitarbeiter des Registrierungszentrums schleuderten. Informationen über schwere Verletzungen lagen zunächst nicht vor.

Die Lage habe sich anschließend beruhigt, teilte die Polizei mit. Die Ausschreitungen hatten begonnen, als rund 50 Minderjährige lautstark forderten, aufs Festland gebracht zu werden. Im Registrierungslager von Moria mit einer Aufnahmekapazität von 3.000 Menschen befinden sich derzeit mehr als 9.000 Migranten. Auch alle anderen Lager auf den Inseln Chis, Samos, Leros und Kos sind restlos überfüllt.

EU-Türkei-Flüchtlingspakt

Weil die Zahl der auf Lesbos ankommenden Flüchtlinge in den vergangenen Tagen so stark gestiegen ist, hatte sich Griechenland am Montag zu einer Notmaßnahme entschlossen: Fähren holten 1.500 Asylwerber von der Insel ab, um sie aufs europäische Festland zu bringen. Eine solche Evakuierung hatte es die vergangenen drei Jahre kaum gegeben – seit der EU-Türkei-Pakt 2016 in Kraft getreten ist.

Flüchtlinge und Migranten warten auf einem Schiff im Hafen von Mytilene auf der Insel Lesbos.
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Mindestens 500 Migranten hatten etwa am vergangenen Donnerstag aus der Türkei zur griechischen Insel Lesbos übergesetzt. Es handelt sich damit um die meisten Migranten, die seit dem Inkrafttreten des Flüchtlingspakts an einem einzelnen Tag in Griechenland angekommen sind.

Türkei muss verlegte Flüchtlinge nicht mehr zurücknehmen

In dem 2016 geschlossenen Abkommen hatte sich Ankara verpflichtet, alle Flüchtlinge zurückzunehmen, die neu auf den griechischen Inseln landen. Das hatte zusammen mit schärferen Kontrollen die Zahl der Ankünfte in Griechenland massiv gesenkt.

Die EU-Kommission sei "besorgt über die große Zahl" der zuletzt in Griechenland angekommenen Flüchtlinge. Sie habe Hilfe bei der Verlegung hunderter Flüchtlinge auf das Festland angeboten. "Wir sind bereit, die griechischen Behörden bei diesen Transfers zu unterstützen", sagte eine Kommissionssprecherin am Montag. Sie gehe aber davon aus, dass die Türkei sich weiter an das mit der EU geschlossene Flüchtlingsabkommen halte.

Laut der Kommissionssprecherin gilt die Rücknahmeverpflichtung für die Türkei nicht mehr, wenn Flüchtlinge von den griechischen Inseln auf das Festland verlegt werden. "Die Rückführung in die Türkei auf der Basis des Sicherer-Drittstaat-Prinzips kann nur von den Inseln aus stattfinden", erklärte sie. (red, APA, 4.9.2019)