Novomatic wirbt mit Straches allseits beliebter Redewendung.
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H.-C. Straches Spruch "Novomatic zahlt alle" ist zu einer allseits beliebten Redewendung geworden. Weniger bekannt ist, dass Strache diese Aussage in der Langfassung des Ibiza-Videos noch präzisiert: "Novomatic zum Beispiel zahlt an alle drei. Bam! Das ist pragmatisch!"

Nun lautet sogar die Überschrift einer neuen Novomatic-Inseraten-Kampagne: "Novomatic zahlt alle". Die damit vermeintlich zum Ausdruck gebrachte Selbstironie wirkt auf den ersten Blick ähnlich gewagt, als würde Jair Bolsonaro dieser Tage mit dem Spruch "Ich fackle nicht lange" für sich werben. Im Untertitel erfährt man dann, wer aus Sicht des Glücksspielkonzerns "alle" sind, nämlich "Mitarbeiter und Lieferanten".

Eine Interpretationshilfe

Das lässt nun schon eher darauf schließen, dass es sich hier um keinen Humorversuch handelt, denn "Mitarbeiter und Lieferanten" ist eine mehrdeutige Formulierung. Als diesbezügliche Interpretationshilfe bietet sich ein mir vorliegendes Dokument an. Es trägt den Titel "Masterplan Novomatic" und wurde im Oktober 2005 von Hochegger Com, Österreichs damals führender Agentur im Bereich Politkorruption, für Novomatic erstellt. Darin werden all jene heißen Breie, um die Novomatic-Manager dieser Tage herumreden, nicht nur beim Namen genannt, sondern auch herzhaft ausgelöffelt.

Es geht ganz unverblümt um die "Gewinnung von Verbündeten unter den Meinungsführern aus der Politik", denn "verbündete Politiker stellen eine schnelle Einbindung in den relevanten Gesetzgebungsprozess sicher". Diese "Verbündeten" sollen "Änderungsvorschläge im Glücksspielgesetz" einbringen, wofür sie gleich mit "fertig ausformulierten Gesetzestexten" ausgestattet werden. Dabei ist zu beachten: "Politiker werden in der Regel erst dann tätig, wenn sie für sich einen konkreten Nutzen darin sehen." Wie dieser "Nutzen" aussehen könnte, wird sicherheitshalber auch noch dazugeschrieben: "Ausarbeitung von konkreten Win-win-Situationen, zum Beispiel Kooperations- oder Sponsoringprojekte in einem Wahlkreis".

Echtes Fairplay

Dass bei diesen angepeilten "Verbündeten" H.-C. Strache ausdrücklich erwähnt wird, verwundert ebenso wenig wie die Erkenntnis, dass dessen Einschätzung "zahlt an alle drei" die zutreffendere sein dürfte. Die spätere Umlackierung der politischen Totalhavarie Glawischnig zum Corporate-Responsibility-Bastlerhit dürfte der einzige Berührungspunkt mit den Grünen gewesen sein.

Politiker der drei Altparteien werden in diesem "Masterplan" also de facto als Mitarbeiter und Lieferanten gesehen. Die Inseratenkampagne "Novomatic zahlt alle" wird mittlerweile mit dem Untertitel "Steuern und Abgaben" fortgeführt. Das schreit nach einer weiteren Fortsetzung, denn angesichts dessen, was das Automatenglücksspiel uns bislang gekostet hat – 20 Prozent aller Spielsüchtigen werden kriminell, wovon 91 Prozent Automatenspielsüchtige sind und Automatenspielsucht im Jugendgefängnis Kriminalitätsmotiv Nummer eins ist –, müsste jetzt das Sujet folgen: "Novomatic zahlt alle – volkswirtschaftlichen Schäden, die es durch Automatenglücksspiel angerichtet hat". Das wäre endlich echtes Fairplay. Oder um es mit den Worten Straches zu sagen: "Bam! Das ist pragmatisch!" (Florian Scheuba, 5.9.2019)