Wer darf in die Parteifinanzen hineinschauen? Darüber streiten die Parteien seit Tagen. Eine Einigung ist ebenso wenig in Sicht wie gute Bebilderung des Themas.

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Norbert Hofer ist der Mann, der Wirtschaftsprüfern vertraut. Man tue in der Debatte um transparente Parteifinanzen immer so, als wären Wirtschaftsprüfer "irgendwelche Leute, die keine Verantwortung tragen würden. Das ist, glaube ich, nicht der Fall", sagte der FPÖ-Chef in der ersten Elefantenrunde zur Nationalratswahl auf Ö1. Dabei ging es auch um die Frage, ob der Rechnungshof in die Finanzen der Parteien Einsicht nehmen soll, der Kontrolle wegen. Hofer findet: "Wir haben ein funktionierendes System in Österreich": Derzeit erledigen diesen Job von der Partei vorgeschlagene Prüfer, nicht der Rechnungshof. FPÖ und SPÖ sind dafür, dass das so bleibt.

Für das Misstrauen ist bei den Freiheitlichen Vizechef Herbert Kickl zuständig: Der Rechnungshof sei das Hilfsorgan des Nationalrats "und damit auch der dort bestehenden Mehrheiten. In dem Fall könnte man jetzt sagen: Er ist ein Hilfsorgan der ÖVP", sagte Kickl im Juli, als die Änderungen angesichts des freiheitlichen Ibiza-Skandals diskutiert wurden.

Kein rotes Wahlkampfthema

Hofer formuliert die Skepsis umständlicher: "Der Rechnungshof ist ein Organ der Legislative und soll die Exekutive kontrollieren und nicht die Legislative. Und da passt das nicht zusammen." Die Prüfung der Parteifinanzen fällt laut dem Gesetz wohlgemerkt allerdings in den Zuständigkeitsbereich des Kontrollorgans.

Derzeit schaut der Rechnungshof nur, ob die Rechenschaftsberichte der Wirtschaftsprüfer zahlenmäßig stimmen, in die Bücher können sie keine Einsicht nehmen. Neuerdings sind nicht nur die Liste Jetzt und die Neos für mehr Kontrollrechte für den Rechnungshof, sondern auch die Volkspartei unter Sebastian Kurz.

Pamela Rendi-Wagner dagegen wäre es am liebsten, dieser Artikel erschiene gar nicht. Mehr Kontrolle für Parteifinanzen? Das ist kein Gesprächsstoff für den Wahlkampf, findet die SPÖ-Chefin. "Das ist kein einfaches Thema", sagte sie auf Ö1. "Es wird unter dem Schlagwort Transparenz diskutiert, aber es geht auch um das Thema Demokratie." Denn, so die rote Argumentation: Mehr Kontrollrechte für den Rechnungshof bedeuten eine Einmischung des Staates in die privat agierenden Parteien. Rendi-Wagner findet das "heikel", da gelte es sehr gründlich abzuwägen. "Heikel" ist für die SPÖ auch, dass ÖVP-nahe Prüfer im Rechnungshof bei den roten Finanzen besonders genau hinschauen könnten – und sich möglicherweise parteinahe Vereine vorknöpfen.

Schecks und Balances

Für Hüftschüsse sei das Thema jedenfalls nicht geeignet. Genau deshalb fordere ja Rendi-Wagner einen "Weisenrat", der eine Lösung vorschlagen soll: "Wenn die Experten zum Schluss kommen, die Transparenz zu erhöhen, dann bin ich die Erste, die hier offen ist", sagte die Parteichefin.

Dem Status quo können die Sozialdemokraten einiges abgewinnen: "Wir finden das derzeitige Modell ausreichend", befand Rendi-Wagner jüngst im ORF. Denn aktuell herrsche bei den Regeln für Parteifinanzen so etwas wie Gewaltenteilung, so die rote Erklärung: Stellt der Rechnungshof anhand der Rechenschaftsberichte Verstöße fest, wird ein Verfahren beim Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) mit Sitz im Bundeskanzleramt eröffnet, der über die Strafe und ihre Höhe entscheidet. Die kann, samt Instanzenzug, beeinsprucht werden. Heute will man in der SPÖ den blauen Vorwurf vom türkis gefärbten Rechnungshof offiziell nicht wiederholen – noch Anfang Juli wies Rendi-Wagner im ORF-"Report" aber darauf hin, dass die Prüfer dort "weisungsgebundene Beamte" seien.

ÖVP stimmte nicht für Neos-Vorschlag

Und ÖVP und Neos? Die streiten seit dem "Sommergespräch" von Sebastian Kurz und dessen Behauptung, Türkis habe mit den Pinken für mehr Kontrollrechte des Rechnungshofs gekämpft.

Doch wie war es tatsächlich? Auskunft darüber geben der "Addendum"-Politometer, der das Abstimmungsverhalten der Abgeordneten beobachtet, sowie Ausschussberichte des Parlaments. Daraus geht hervor, dass die ÖVP eben nicht für jenen Abänderungsantrag der Neos gestimmt hat, mit dem der Rechnungshof umfassende Kontrollrechte erhalten hätte. Auch SPÖ und FPÖ verweigerten den Neos hier die Unterstützung, einzig Peter Pilz und seine Liste Jetzt stimmten für die Verschärfung. Dieses Muster lässt sich bei einer ganzen Reihe von Anträgen der Neos feststellen, die von den drei Großparteien niedergestimmt wurden. So scheiterte auch der Versuch der Neos, strafrechtliche Sanktionen bei Verstößen gegen das Parteiengesetz zu etablieren.

Wahr ist aber, dass die ÖVP bei drei anderen Vorschlägen mit den Neos gestimmt hat. Dabei ging es um die Abschaffung der Valorisierung der Parteienförderung sowie die Einführung zeitnaher Rechenschaftsberichte der Parteien über Wahlwerbeausgaben sowie abschreckender Sanktionen bei Überschreiten der Wahlkampfkostengrenze.

Die Darstellung, dass Kurz' ÖVP gemeinsam mit den Neos für stärkere Kontrollrechte des Rechnungshofs gestimmt hätte, stimmt also nicht. Allerdings hätte eine Unterstützung durch die ÖVP keine Auswirkungen gehabt: Denn SPÖ und FPÖ hätten den Antrag gemeinsam auch blockieren können. (Sebastian Fellner, Fabian Schmid, 4.9.2019)