Die beiden Angeklagten wurden zu zwölf und 13 Jahren Haft verurteilt.

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Detmold – Im Prozess um den massenhaften Kindesmissbrauch auf einem Campingplatz im nordrhein-westfälischen Lügde in Deutschland hat das Landgericht Detmold die beiden geständigen Angeklagten am Donnerstag zu hohen Haftstrafen verurteilt. Der 56-jährige frühere Dauercamper Andreas V. erhielt eine Freiheitsstrafe von 13 Jahren wegen schweren sexuellen Kindesmissbrauchs in mehr als 200 Fällen. Der 34-jährige Mario S. muss zwölf Jahre ins Gefängnis. Die Strafkammer ordnete außerdem für beide die anschließende Unterbringung in der Sicherungsverwahrung an.

Beide Täter geständig

V. und S. gelten als Haupttäter der jahrelang unentdeckt gebliebenen Missbrauchsserie, die Ende Jänner 2019 bekannt wurde. Auf dem Campingplatz in Lügde missbrauchten die beiden insgesamt 34 Kinder. Die meisten Zeugenvernehmungen fanden in der Verhandlung aus Opferschutzgründen unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt, da der Großteil der Opfer zu den Tatzeiten zwischen drei und 14 Jahre alt war.

Auf diesem Campingplatz in Lügde sollen die Taten begangen worden sein.
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Der Prozess hatte Ende Juni begonnen, das Urteil fiel am elften Verhandlungstag. Bereits am ersten Verhandlungstag hatten die beiden Angeklagten Geständnisse abgelegt. In den vergangenen zehn Wochen hatte die Detmolder Jugendschutzkammer 33 Zeugen, darunter 16 Opfer und zwölf Angehörige, vernommen. Eine Psychiaterin hatte Andreas V. im Prozess als manipulativ, narzisstisch und antisozial beschrieben, mit einer tiefverwurzelten Neigung für Kindesmissbrauch. Die Anklage forderte 14 Jahre Haft für V., zwölfeinhalb Jahre für S. sowie Sicherungsverwahrung für beide.

Polizeiliche Ermittlungspannen

Die Missbrauchsserie sorgte auch wegen des Vorwurfs von Behördenversagen für Aufsehen. Bereits im November 2016 hatte eine Frau die Polizei über Äußerungen des Hauptverdächtigen informiert, die auf sexuellen Missbrauch hindeuteten. Doch die Polizei forschte nicht nach. Außerdem sollen bei den Ermittlungen 155 CDs und DVDs, auf denen kinderpornografisches Material vermutet wird, einfach verschwunden sein. Auch Mitarbeiter von Jugendämtern sollen Hinweise ignoriert haben. Einer der Täter hat ein Pflegekind, das von ihm ebenfalls missbraucht wurde.

Nach Bekanntwerden des Falles hatte der Innenminister von Nordrhein-Westfalen, Herbert Reul (CDU), das Thema zur Chefsache erklärt. Mittlerweile stuft das nordrhein-westfälische Innenministerium Kindesmissbrauch und Kinderpornografie als "kriminalpolitischen Schwerpunkt" aller Polizeibehörden des Landes ein. Das Personal für die Bearbeitung solcher Fälle sei "deutlich aufgestockt" worden, hieß es aus dem Ministerium. (APA, red, 5.9.2019)