Ist das Heeresgeschichtliche Museum nach rechts außen offen? Das legen Recherchen nahe – denn im Museumsshop wird rechtsextreme Literatur vertrieben.

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Die Stoßrichtung des Buches ist klar. "Die Wehrmacht hat ehrenvoll gekämpft, sie hat Wunder an Tapferkeit und übermenschlichen Leistungen vollbracht", ist schon im Vorwort von "Österreich im Feuer – Tragödien der Tapferkeit 1939–1945" zu lesen. Es spricht davon, dass heutzutage – gemeint ist 1988, als das Buch erschien – "Verweigerung, Feigheit und Fahnenflucht" gerühmt würden. Wohl eine Wirkung der "Umerziehung, die der Nachkriegsgeneration ein total falsches Geschichtsbild einimpft". Das Machwerk kommt zu einem klaren Urteil über die Nazi-Armee: Diese sei "in ihrem Verhalten äußerst korrekt" gewesen.

Das ist historischer Unfug, der wissenschaftlich widerlegt wurde – und im Shop des staatlichen Heeresgeschichtlichen Museums (HGM) erworben werden kann, wie Recherchen von "Stoppt die Rechten" zeigen. Ebenso wie Spielzeugpanzer der Marke Cobi, darunter auch Modelle der Nazi-Wehrmacht.

Für das Museum selbst ist das kein Fehler, sondern so gewollt. Es bezeichnet das revisionistische Buch auf Anfrage als "kontroversiellen Standpunkt", den man in einer "gut sortierten Fachbuchhandlung" anbiete. Bezüglich der Panzer sei eine "Trennung zwischen Spielzeug und Modellbau grundsätzlich schwierig", aber "Modelle der Deutschen Wehrmacht" machten nur "den geringsten Teil des Sortiments aus", beruhigt man. Aus dem Verteidigungsministerium kommt eine wortidente Antwort.

"Legenden sterben nicht – Deutsche Wehrmacht"

"Kontroversiell" war es auch auf der Veranstaltung "auf Ketten und Rädern" zugegangen, bei der Anfang Juni das "militärische Kraftfahrwesen" präsentiert worden war. Recherchen von "Stoppt die Rechten" zeigen, dass dort auf Verkaufsständen Dritter neben möglicherweise illegalen Nazi-Devotionalien auch Wehrmachts-Merchandise verkauft wurde, etwa ein T-Shirt mit der Aufschrift "Legenden sterben nicht – Deutsche Wehrmacht". Das geht sogar Ministerium und HGM zu weit.

"Wir bedauern dies jedenfalls und distanzieren uns klar von derartigen Botschaften", hieß es. Eigentlich seien die Verkaufsstände "durch kontinuierliche Überprüfungen von HGM-Bediensteten während der gesamten Veranstaltungsdauer überwacht" worden. Dass ein Stand die Währungen "Dollar, Pfund, Euro und Frauen" akzeptierte, war den Bediensteten offenbar aber auch nicht sauer aufgestoßen.

"Musealisierte Kaserne"

Handelt es sich dabei um "Ausrutscher", oder hat eine offene Flanke nach rechts außen im Heeresgeschichtlichen Museum System? Fakt ist, dass das einzige direkt unter der Kontrolle eines Ministeriums verbliebene Staatsmuseum in seinen Reihen einige Burschenschafter aufweist. Die Ausrichtung des Museums störte jedoch schon die sozialdemokratischen Verteidigungsminister Norbert Darabos und Hans Peter Doskozil nicht. Schon 2011 schrieben die Historiker Hannes Leidinger und Verena Moritz, dass im HGM "die Objekte der Ausstellung 'Republik und Diktatur' wie Requisiten eines Stückes wirken, dessen Text nicht vorgegeben ist".

Auch die Historikerin Eva Blimlinger, Rektorin der Akademie der bildenden Künste und Kandidatin der Grünen bei der Nationalratswahl, kritisiert die Gestaltung des HGM drastisch. Das sei "eine musealisierte Kaserne", in der "kaum Museumsfachleute" arbeiteten, sagt Blimlinger. Der Rechtsdrall des HGM sei "inhärent". Sie fordert, dass das Museum nicht mehr dem Verteidigungsministerium, sondern den Bundesmuseen unterstellt wird. Man könnte die Überlegungen wiederaufnehmen, dort ein Haus der Geschichte zu machen, jedenfalls solle man "eine Friedenserzählung" schaffen, statt "dort groß Kriegsmaterial zu präsentieren".

Das Ministerium gibt an, von Kritik an seinen Ausstellungsinhalten nichts zu wissen. "Das HGM war übrigens das einzige Museum, das am 1. September 2019 des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges vor 80 Jahren gedacht hat und zurzeit mittels einer Sonderausstellung würdigt", heißt es.

Wenige Stunden später kommt es zur Kehrtwende: Minister Thomas Starlinger beauftragte eine Prüfung der Vorwürfe durch die Sektion I. Das dürfte auch an einem Artikel des "Kurier" liegen, der detailliert von einem "blauen Netzwerk" im HGM berichtet. Der Provenienzforscher Walter Kalina – der auch die Anfrage des STANDARD zu rechtsextremen Umtrieben beantwortete – soll etwa einst Mitarbeiter des weit rechts stehenden FPÖ-Politikers Martin Graf gewesen sein. Kalina bestätigte dem Kurier auch, auf Wikipedia hoch aktiv zu sein. Dort soll er unter anderem Kritik im Text zu seinem Doktorvater Lothar Höbelt gelöscht haben. Gestört hatte ihn ein Verweis auf das Dokumentationsarchiv des Österreichischen Widerstands, das Rechtsextremismus in Österreich beobachtet. (Fabian Schmid, 5.9.2019)