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Wünscht sich eine Atombombe: Recep Tayyip Erdoğan.

Foto: AP

Während es innerhalb seiner AKP zunehmend rumort, versucht der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan wohl an nationalistische Gefühle zu appellieren. Nicht anders ist seine Äußerung vom vergangenen Mittwoch zu erklären, in der er Atomwaffen für die Türkei forderte. Es sei "inakzeptabel, dass manche Länder über Atomraketen verfügen und die Türkei nicht", sagte er bei einem Wirtschaftsgipfel im zentralanatolischen Sivas. Die Türkei hat den Atomwaffen-Nichtverbreitungsvertrag 1980 unterzeichnet und 1996 ein weiteres Abkommen zur Ächtung von Atomtests.

Erdoğan fuhr fort: "Wir haben Obama um Smart Bombs gebeten, aber bekamen sie nicht. Wir haben Trump darum gebeten, es hat zu nichts geführt. Also werden wir sie selbst bauen." Der Präsident gab auch bekannt, dass die Türkei mit der Produktion bewaffneter Drohnen beginnen werde. Seit einigen Jahren versucht die Türkei eine exportorientierte Waffenindustrie aufzubauen und sich so von ausländischen Waffenlieferanten unabhängig zu machen.

Russische Konkurrenz

Im Streit um das russische Raketenabwehrsystem S-400 fühlte sich Erdoğan darin bestätigt. Nachdem Ankara zunächst Probleme hatte, das amerikanische Patriot-System zu erwerben, entschied man sich für das russische Konkurrenzprodukt. Das führte zu zahlreichen Spannungen zwischen den USA und der Türkei. In der Folge entschied man sich in Washington dafür, die Türkei aus dem Programm des amerikanischen Kampfjets F-35 zu werfen.

In seiner Rede sprach Erdoğan auch von "Kräften, die das Land teilen wollen". Innerhalb der AKP rumort es nicht erst seit den Bürgermeisterwahlen, bei denen die Partei die größten Städte des Landes, Istanbul und Ankara, an die Opposition verlor. Gleich zwei Fraktionen wollen sich von der AKP abspalten. Die eine gruppiert sich um den ehemaligen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoğlu. Der Architekt des Flüchtlingsdeals mit der EU war vor einigen Jahren in Ungnade gefallen. Jetzt plant er eine religiösere Version der AKP. Die neue Partei soll Ende September gegründet werden.

Neue Partei

Außerdem planen die beiden AKP-Gründungsmitglieder Ali Babacan und Abdullah Gül eine eigene Partei. Babacan war zwischen 2009 und 2015 unter anderem Wirtschaftsminister, Gül Präsident der Republik. Beide wollen eine wirtschaftsfreundlichere Politik und zu den Anfangsjahren der AKP zurückkehren. Während Gül und Babacan bereits aus der AKP ausgetreten sind, läuft gegen Davutoğlu ein Ausschlussverfahren. In den vergangenen Wochen haben sich zudem Nachrichten über Massenaustritte aus der AKP gehäuft. So sollen allein dieses Jahr 400.000 Mitglieder ausgetreten sein. Die AKP hat laut eigenen Angaben knapp zehn Millionen Mitglieder. Die nächsten Wahlen in der Türkei sind für das Jahr 2023 angesetzt, welches auch das 100-jährige Jubiläum der Republik ist.

Erdogan droht Europa mit Öffnung der Tore für Flüchtlinge

Überdies hat Erdogan Europa erneut gedroht, den Geflüchteten die Tore zu öffnen, wenn sein Land nicht mehr Unterstützung erhalte. Wenn die mit den USA vereinbarte "Sicherheitszone" in Nordsyrien nicht umgesetzt werde, "werden wir gezwungen sein, die Türen zu öffnen", sagte Erdogan am Donnerstag in einer Rede in Ankara.

Wenn Europa keine weitere Hilfe gewähre, könne die Türkei die Last nicht länger schultern, so Erdogan. "Was die Lastenteilung der Flüchtlinge angeht, die wir als Gäste aufgenommen haben, haben wir von der Welt, und allen voran von der Europäischen Union, nicht die nötige Unterstützung erhalten. Um sie zu bekommen, kann es sein, dass wir dazu gezwungen sein werden, das zu tun." (Philipp Mattheis aus Istanbul, 5.9.2019)