Trotz fortschreitender Verhandlungen mit den USA setzen die Taliban ihre Angriffsserie fort.

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Kabul – Die radikalislamischen Taliban haben ihre Angriffsserie in Afghanistan fortgesetzt, obwohl sie offenbar kurz vor einem Abkommen mit den USA stehen, das den Weg für den Frieden in Afghanistan ebnen soll. Bei einem Anschlag auf einen Kontrollposten im Zentrum der Hauptstadt Kabul kamen am Donnerstag mindestens zwölf Menschen ums Leben, darunter zwei Nato-Soldaten. Außerdem habe es mindestens 42 Verletzte gegeben, sagte der Sprecher des Innenministeriums, Nasrat Rahimi, am Donnerstag.

"Das ist unser Leben in Kabul", schreibt ein Reporter des "Wall Street Journal", nachdem eine Autobombe in der afghanischen Hauptstadt explodiert ist.

Bilder in sozialen Medien zeigten eine große Rauchwolke über Kabul aufsteigen und zahlreiche zerstörte Autos. Behördenangaben zufolge detonierte ein mit Sprengstoff beladener Minibus bei dem Kontrollposten, der mit Kräften des afghanischen Geheimdienstes NDS, der Polizei und Armee besetzt war. In unmittelbarer Nähe des Kontrollpostens befinden sich Einrichtungen des Geheimdienstes sowie das Hauptquartier der Nato-Mission "Resolute Support".

Am Donnerstagnachmittag bestätigte eine Aussendung der Nato, dass sich unter den Toten zwei Angehörige der Nato-Streitkräfte befinden. Einer der beiden sei ein rumänischer Soldat gewesen, der noch nicht identifiziert werden konnte. Das zweite Opfer soll die amerikanische Staatsbürgerschaft haben. Seine Familie sei bereits informiert worden.

Ein Video auf Twitter zeigt die Gewalt der Explosion.

Taliban bekannte sich via Whatsapp zu dem Anschlag

Taliban-Sprecher Sabiullah Mujahid teilte auf Whatsapp mit, die Autobombe sei detoniert, als ein Konvoi mit Ausländern die Stelle passierte. Es war der vierte große Taliban-Angriff innerhalb von fünf Tagen. Wenige Stunden später detonierte in der Hauptstadt der östlichen Provinz Logar ein mit Sprengstoff beladener Klein-Lkw, als ein Konvoi mit Spezialkräften in eine Militärbasis zurückkehren wollte. Dabei seien mindestens vier Zivilisten getötet und elf verletzt worden, sagte der Kommandant der Militärbasis. Die Taliban bekannten sich auch zu diesem Angriff.

In den vergangenen Tagen hatten Taliban-Kämpfer versucht, die Provinzhauptstädte Kunduz und Pul-e Khumri zu überrennen. Am Montagabend detonierte eine massive Autobombe in der Nähe einer Ausländersiedlung in Kabul. Dutzende Zivilisten und Sicherheitskräfte wurden getötet.

USA offenbar kurz vor Abkommen mit Taliban

Gleichzeitig führen die Taliban seit dem Vorjahr Gespräche mit den USA über eine Beilegung des fast 18 Jahre dauernden Konflikts. US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad sagte am Montag, man habe sich "grundsätzlich" auf ein Abkommen geeinigt.

"Wir befinden uns an der Schwelle eines Abkommens, das die Gewalt reduzieren und den Afghanen die Möglichkeit geben wird, sich zusammenzusetzen, um einen ehrenwerten und nachhaltigen Frieden und ein einheitliches, souveränes Afghanistan auszuhandeln, das die USA, ihre Verbündeten oder ein anderes Land nicht bedroht ", sagte der US-Diplomat Zalmay Khalilzad.

Die "grundsätzliche" Einigung sei aber erst endgültig, wenn sich US-Präsident Donald Trump damit einverstanden erkläre, sagte Khalilzad. Sollte Trump zustimmen, könne das Abkommen in den kommenden Tagen verkündet werden. Bei den Gesprächen geht es vor allem um Truppenabzüge und Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicherer Hafen für Terroristen wird. In der Folge sollen innerafghanische Friedensgespräche geführt werden.

Taliban-Sprecher Mujahid bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass man an der Schwelle zu einem Abkommen mit den USA stehe. Es sei aber noch nicht unterzeichnet. Wenn dem so sei, werde man sich an die Inhalte halten. Zudem seien die Taliban-Angriffe Reaktionen auf andauernde Nachtoperationen und Luftangriffe durch die Regierungskräfte und ihre Verbündeten.

Druckmittel in Verhandlungen mit USA

Dem afghanischen Militärexperten Mohammada Gul Mujahid zufolge sehen die Taliban militärische Gewinne als wichtiges Druckmittel in den Gesprächen mit den USA. Die Botschaft sei: Obwohl wir mit euch sprechen, können wir Städte überfallen und großangelegte Angriffe ausführen. "Und die Botschaft an die afghanische Bevölkerung ist: Wenn ihr uns nicht akzeptiert, werden wir euch alle abschlachten", sagte der Militärexperte. (red, APA, 5.9.2919)