Premierminister Johnson besuchte am Freitag eine schottische Farm.

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London – Nächste Niederlage im Brexit-Poker für Boris Johnson: Am Freitag passierte das Gesetz, das einen No-Deal-Brexit verhindern soll, auch das britische Oberhaus. Zuvor hatten am Mittwoch die Abgeordneten des Unterhauses dem Antrag ihren Segen gegeben. Nun fehlt noch die Unterschrift der Queen, dann kann das Gesetz in Kraft treten.

Notfalls nächste Klage

Schon jetzt bereiten britische Abgeordnete juristische Schritte gegen Johnson vor, sollte er das Gesetz zur Bexit-Verschiebung umschiffen wollen. "Sich irgendeinem bestimmten Gesetz zu widersetzen, stellt einen sehr sehr gefährlichen Präzedenzfall dar", sagte der frühere stellvertretende Ministerpräsident David Lidington am Samstag der BBC. Der Sender berichtete, Oppositionsabgeordnete sowie von Johnson aus der Tory-Partei geworfene konservative Parlamentarier hätten ein Team gebildet, das gegebenenfalls Klage gegen den Regierungschef einreichen solle.

Das Gesetz sieht vor, dass der Premier bis 19. Oktober vom Parlament entweder eine Zustimmung zu einem neuen Brexit-Vertrag oder zu einem No-Deal-Brexit erhält. Sollte beides nicht vorliegen, muss er bei der EU um Aufschub bis Ende Jänner bitten. Johnson selbst schloss am Donnerstag mit den Worten "Da läge ich lieber tot im Graben" aus, in Brüssel um eine Verschiebung anzusuchen.

Klage abgewiesen

Gerichtlich erhielt Johnson am Freitag zumindest Rückendeckung: Seine Entscheidung, das Parlament in der entscheidenden Phase kurz vor dem Brexit in Zwangspause zu schicken, bestätigte das Londoner High Court, es wies die Klage dazu ab. Das Gericht ließ aber eine Berufung beim Obersten Gericht Großbritanniens zu, die Verhandlung soll am 17. September stattfinden.

Keine Neuwahl

Ein weiterer Rückschlag für Johnson kam am Freitag auch von der Opposition im Unterhaus: Sie will dem Neuwahlantrag des britischen Premiers auch am Montag nicht zustimmen. Damit rückt Johnsons Wunsch nach einem möglichst baldigen Urnengang – in Umfragen liegen die konservativen Tories in Führung – in weitere Ferne als geplant.

Ein anderes Thema als den Brexit gibt es für den Premier derzeit kaum. Auch bei einer Rede im nordenglischen Leeds äußerte er sich am Freitag dazu – sehr zum Missfallen des örtlichen Polizeichefs: John Robins sagte, er sei davon ausgegangen, dass es Johnson nur um die versprochene Anwerbung tausender neuer Polizisten gehen würde. "Wir wurden vorher nicht darüber informiert, dass seine Rede um andere Themen erweitert worden ist." Robins äußerte sich enttäuscht, dass seine Polizisten als "Kulisse" für eine politische Rede benutzt worden seien. Während Johnsons Rede mussten etwa 35 Polizisten hinter ihm stehen. Der Regierungschef wirkte bei dem Auftritt verwirrt, verlor teilweise den Faden oder verfehlte die Pointen, wenn er einen Witz machen wollte.

#PleaseLeaveMyTown

Am Rande seines Besuchs in Nordengland bekam der Premier auch noch eine heftige Abfuhr von einem Einheimischen. "Bitte verlassen Sie meine Stadt", sagte der Mann in einem äußerst höflichen Ton, schüttelte Johnson die Hand und klopfte ihm auf die Schulter. "Das werde ich, sehr bald", antwortete Johnson. (APA, maa, 6.9.2019)