Marko Arnautovic stellte nach dem perfekten Arbeitstag klar: "Wie ihr seht, habe ich nichts verlernt. Ich bin nicht müde, ich habe keinen Jetlag."

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Salzburg – Österreichs Fußball-Nationalteam hat die Chance auf die EM-Teilnahme wieder fest in der eigenen Hand. Mit einem Sieg am Montag (20.45 Uhr/live ORF 1) in Polen würden die Österreicher sogar die Tabellenführung in Quali-Gruppe G übernehmen. Teamchef Franco Foda war nach dem 6:0-Schützenfest am Freitag in Salzburg gegen Lettland aber bemüht, die Bäume nicht in den Himmel wachsen zu lassen.

"Wir sind jetzt Tabellenzweiter, das war mal unser kurzfristiges Ziel", sagte Foda. "Jetzt ist es wichtig, das Spiel schnell abzuhaken und uns auf Polen zu konzentrieren." Der Spitzenreiter gab mit einem 0:2 in Slowenien erstmals Punkte ab. Die Slowenen und Israel lauern zur Halbzeit einen Zähler hinter der ÖFB-Auswahl. Foda: "Alle vier haben nach wie vor die Möglichkeit, den ersten oder zweiten Platz zu belegen." Und damit ein EM-Ticket zu holen.

Durch Polens Niederlage sei es noch enger geworden. "Die Gruppe ist sehr ausgeglichen. Es wird spannend bleiben bis zum Ende", prophezeite der Teamchef. Abgerechnet wird nach zehn Spielen im November. Einem "schwierigen Start" mit Niederlagen gegen Polen (0:1) und Israel (2:4) folgten Siege gegen Slowenien (1:0), Nordmazedonien (4:1) und nun Lettland. "Wir haben es jetzt in der eigenen Hand", betonte Foda.

In Warschau erwartet das ÖFB-Team ein anderer Gegner als die teils desolaten Letten. "Polen hat gerade vorne absolute Weltklasse-Spieler. Aber wir werden unsere Chancen bekommen, wenn wir defensiv gut stehen, kompakt sind", meinte Foda. "Im Spiel nach vorne mache ich mir keine Sorgen. Da haben wir genügend Qualitäten." Zudem hofft der Deutsche auf die eine oder andere Chance auf Umschaltmomente.

Dominanz

Der Auftritt gegen Lettland war von einer außergewöhnlichen Dominanz geprägt. 31:1 Schussversuche, 684:143 angebrachte Pässe und 72:28 Prozent Ballbesitz lauteten die Zahlen für Österreich. "Die Mannschaft hat sehr seriös gespielt, von der ersten Minute an", lobte Foda, ohne in Überschwang zu verfallen. "Im Prinzip hat sie die Leistung aus den letzten zwei Spielen bestätigt. Man sieht einfach, dass die Mannschaft hungrig ist."

Dem Trainer gefielen vor allem das Gegenpressing und die schnellen Balleroberungen. Dazu kam eine gewisse Portion an Spielfreude. "Die Mannschaft hat Selbstvertrauen, ist gut drauf. Jetzt gilt es, den Schwung aus diesem Spiel mitzunehmen." Zumal nach dem Gastspiel in Polen im Oktober auch die direkten Duelle mit Israel (10. Oktober in Wien) und Slowenien (13. Oktober in Ljubljana) warten.

In besonders großer Spiellaune präsentierte sich in Salzburg Marcel Sabitzer. Der Leipzig-Legionär habe schon in beiden Juni-Partien sehr gut gespielt, sich dort aber trotz vieler Chancen nicht mit einem Treffer belohnt, erklärte Foda. "Ich freue mich für ihn, dass er seine Leistung aus den letzten Spielen bestätigt hat – und das auch mit einem Tor."

Stütze Laimer

"Wir können sehr viel Positives mitnehmen", betonte ÖFB-Star David Alaba. "Wir haben die richtige Einstellung auf den Platz gebracht, was sehr, sehr wichtig ist. Wir waren sehr konzentriert, der Spielwitz war da." Dazu kam das starke Pressing, in dem sich Konrad Laimer besonders hervortat. "Er ist sehr laufstark", sagte Alaba. "Er ist sehr wichtig für uns."

Schon in den EM-Quali-Partien im Juni gegen Slowenien (1:0) und Nordmazedonien (4:1) war Laimer einer der stärksten Akteure. Nun gelang dem Salzburger in der Heimat auch das erste Länderspieltor. "Ich hätte es mir nicht besser erträumen können", meinte der 22-Jährige, der sich unter Neo-Trainer Julian Nagelsmann bei RB Leipzig einen Stammplatz erkämpft hat.

Aus dem ÖFB-Team ist Laimer derzeit ebenfalls nicht wegzudenken. Alle drei bisherigen Länderspiele, in denen der Mittelfeld-Turbo mitwirkte, wurden gewonnen. "Ich habe vom Teamchef die Chance bekommen und sie genützt. Aber trotzdem muss ich mich in jedem Spiel beweisen und weiterhin Leistung zeigen."

Arnautovic fordert mehr Respekt

Auf konstant hohem Niveau agiert Marko Arnautovic. Sechs Tore in fünf Spielen der laufenden EM-Qualifikation hat der 30-Jährige erzielt. Er scheint für das Nationalteam derzeit unersetzlich. Gegen Lettland glänzte Arnautovic nicht nur mit einem weiteren Doppelpack, sondern teilte danach auch an die Kritiker aus, die seinen Transfer nach China hinterfragt hatten.

Nach seinen beiden Treffern hielt sich Arnautovic jeweils demonstrativ die Ohren zu. "Es war für die Leute, die sehr viel reden und wenig wissen", erklärte der Wiener. Er sei glücklich über seine im Juli getroffene Club-Entscheidung. "Wie ihr seht, habe ich nichts verlernt. Ich bin nicht müde, ich habe keinen Jetlag", betonte der Angreifer – und forderte ein wenig mehr Respekt ein. "Ich bin kein 19-jähriges Kind mehr. Ich habe sehr viel für die Nationalmannschaft gemacht."

Sindelar und Herzog eingeholt

Derzeit hält er bei 26 Länderspieltoren. Damit stellte Arnautovic die Marken von "Wunderteam"-Kapitän Matthias Sindelar und Rekordnationalspieler Andreas Herzog ein. In der ewigen ÖFB-Bestenliste liegt er auf Rang sieben. Toni Polster führt sie mit 44 Treffern an.

"Ob sich ein Polster fürchten muss, weiß ich im Moment nicht", sagte Arnautovic. "Der Rekord ist mir nicht wichtig, aber ich werde weiter alles geben. Ich will noch mehr Tore machen." Die 28 Treffer von Marc Janko, der seine Karriere im Sommer beendet hat, scheinen auf jeden Fall in Reichweite. Arnautovic: "Das tut mir leid für ihn."

In allen EM-Quali-Gruppen hat nur Israels Eran Zahavi (8 Tore) bisher öfter getroffen als Arnautovic. Seine Kollegen sparten auch nicht mit Lob für den Ausnahmekönner von Shanghai SIPG. "Er ist ein Spieler, der Ideen hat, an die keiner denkt", sagte Verteidiger Martin Hinteregger. "Er ist essenziell für uns", ergänzte Bayern Münchens David Alaba.

Mit breiter Brust nach Polen

Arnautovic war mit der ganzen Mannschaft zufrieden. "Das Spiel gegen den Ball war sehr gut. Die Letten haben nicht atmen können." Die Offensive habe hervorragend funktioniert. "Es war ein wichtiger Sieg, denn am Montag wartet der schwierigste Gegner in der Gruppe auf uns." Dann müssen die Österreicher in Warschau gegen Polen bestehen.

Aus dem Auftritt gegen Lettland könne man viel mitnehmen, meinte Arnautovic. "Wir sind gut drauf. Wenn wir weiter so spielen, haben wir alle Möglichkeiten. Wir können mit breiter Brust nach Polen fahren."

Für die Polen könnte es mit einer weiteren Niederlage im Rennen um die EM-Tickets noch einmal kritisch werden. "Wir schauen nicht auf die anderen. Wir haben es in der eigenen Hand", betonte Alaba. Die Aufgabe werde eine ganz andere als gegen Lettland. "Es wird ein sehr intensives Spiel. Es wird ein aggressiveres Spiel, ein schnelleres Spiel. Der Teamchef wird für uns die richtigen Lösungen haben." (APA, red, 7.9.2019)