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Wer Googles Apps und Services will, muss sie am Mate 30 selber nachinstallieren, sagt Richard Yu.

Foto: Reuters

Ungeachtet der Sanktionen durch die US-Regierung will Huawei sein nächstes Smartphone-Flaggschiff am 19. September vorstellen. Für das Unternehmen wird es eine Feuerprobe. Aufgrund der politischen Situation wird das Handy zwar mit Android, allerdings ohne Googles Apps und Dienste erscheinen.

Verzichten muss man auf diese nicht unbedingt. Die Kunden können sich Googles Software selbst nachinstallieren, sagte Richard Yu, Chef der Consumer-Sparte, laut "Heise" im Rahmen der Elektronikmesse IFA. Doch ob dies passieren wird, erscheint zumindest fraglich.

Beispiel Custom ROMs

Warum man daran zweifeln kann, dass viele Käufer diesen Weg gehen, sieht man gut am Beispiel von Custom ROMs und Importhandys. Viele Smartphones, speziell abseits der Flaggschiffe, werden von ihren Herstellern schnell im Stich gelassen, was Updates angeht. Um einige dieser Geräte bilden sich aber kleine Communities mit findigen Entwicklern, die eigene Varianten von Android dafür entwickeln und pflegen.

Ein Beispiel: Google stellte den Support für das Nexus 7-Tablet aus 2013 mit Android-Version 6 ein. Die Entwickler vom LineageOS-Projekt unterstützten es bis Android 7. Andere setzten mit "inoffiziellen" Versionen ihre Arbeit fort und brachten sogar Firmware auf Basis von Android 9 heraus – auch wenn darauf nicht jedes Feature funktionierte und auch nicht alle Sicherheitslücken gepatcht werden können, da etwa die Treiber vieler Komponenten nicht quelloffen sind und vom Hersteller aktualisiert werden müssen.

Trotz der Möglichkeit solcher Updates werden Custom ROMs nur von einem sehr kleinen Teil der Nutzer installiert, was einerseits mit Unkenntnis und andererseits mit dem damit verbundenen Aufwand zu tun haben dürfte.

Das Problem mit fehlenden Google-Services

Die Installation von Google Apps hingegen ist einfacher. Im Grunde muss man nur die Installationsdateien der Programme finden und diese aufspielen. Weswegen dies bei Import-Handys, auf denen ursprünglich chinesische Firmware läuft, in der Regel von den Händlern im Vorfeld schon erledigt wird.

Allerdings hat die Sache mehrere Haken. Erstens sollte man die Google-Apps aus einer vertrauenswürdigen Quelle laden, um sich nicht Malware einzufangen. Andererseits ist die Installation der Google Play Services nicht auf jedem Gerät so einfach möglich. Oft sind dafür die gleichen Vorbedingungen nötig, wie für die Installation eines Custom ROMs – also ein offener Bootloader und eine alternative Recovery. Andernfalls drohen Probleme mit Apps, die auf die Play Services zugreifen.

Das Problem mit anderen Appstores

Mit dem Fehlen von Google Play fällt das Mate 30 auch um den größten Android-Appstore der Welt um. Stattdessen dürfte man die hauseigene "Appgallery" vorinstallieren. Abzuwarten bleibt allerdings, wie es angesichts der Sanktionen dort mit der Präsenz von Apps von US-Unternehmen aussieht.

Zudem müssen Entwickler ihre Programme gegebenenfalls von den Play Services auf Huaweis eigene "Huawei Mobile Services" anpassen, erinnert Heise. Als Alternative stünde zudem der F-Droid-Store, der ausschließlich Open Source-Apps anbietet, zur Verfügung, den sich Nutzer auch selbst installieren müssten. Dieser ermöglicht zwar grundsätzlich die Ausstattung eines "Google-freien" Android, bietet aber insgesamt nur ein recht kleines App-Repertoire.

Plan B: Harmony OS

Mehrfach hat Huawei betont, mit Google weiter kooperieren zu wollen. Sollte dies aber nicht möglich sein, soll künftig auch Android selbst abgelöst werden – und zwar mit dem vor einigen Wochen vorgestellten Harmony OS. Das allerdings hat noch mehr Hürden zu bewältigen, als Huawei-Handys ohne Google-Apps, muss man doch die App-Entwickler zusätzlich dafür begeistern, ihre Programme auf ein neues Betriebssystem anzupassen. (gpi, 8.9.2019)