Bei der Frage, ob Pädagogen und Pädagoginnen leichter kündbar sein sollten, war man sich uneinig. Die Antwort von mehreren Seiten: "Eine Kündigungsmöglichkeit gibt es bereits!"

Foto: Hendrich

"Ich wähle Bildung" – unter diesem Motto lud die Initiative Neustart Schule im Zuge der bevorstehenden Nationalratswahl zur Bildungsarena. Erklärtes Ziel: bildungspolitische Gemeinsamkeiten finden und etwaige Gräben erkunden. Letztere öffneten sich bei bekannten Streitpunkten – etwa der gemeinsamen Schule oder den Deutschförderklassen.

Auf dem Podium fanden sich Repräsentanten der wahlwerbenden Parteien und Vertreter aus der Praxis. Diskutiert wurde mit einem bunten Auditorium aus Bildungsinteressierten. Unter ihnen Lehrer, Studierende, Schulgründer. Sie konnten über ein digitales Tool Fragen stellen und die Performance der Politiker bewerten.

Den Anfang machte jedoch der Initiator von Neustart Schule, IV-Bildungsexperte Christian Friesl. Er stellte die Forderungen der Initiative anlässlich der anstehenden Nationalratswahl vor: Es brauche einen parteienübergreifenden Bildungsschulterschluss über mehrere Legislaturperioden. Im Zentrum sollen die Elementarpädagogik und deren Aufwertung stehen. Außerdem spricht man sich für einen sogenannten Grundbildungsnachweis aus, der den Abschluss der Pflichtschulzeit markiert.

Aufwertung der Elementarpädagogik

Anfangs waren die Politiker gefragt, in drei Minuten ihre Vorstellungen zur Bildungspolitik zu präsentieren. Hier konnte die ehemalige Bildungsministerin Sonja Hammerschmid am meisten überzeugen. Das zeigte eine interaktive Abstimmung unmittelbar im Anschluss.

In den Kurzvorträgen herrschte jedenfalls Einigkeit über die Notwendigkeit einer Veränderung. Die Welt steht im Wandel, darauf müssten Schüler entsprechend vorbereitet werden. Es braucht Schulautonomie, mehr Praxis und ein Aufräumen des Fächerkanons – so der parteienübergreifende Tenor. Gerade in Fragen der Elementarpädagogik konnte man viel zustimmendes Nicken beobachten: Eine Aufwertung der Ausbildung, bessere Bezahlung und ein niedrigerer Betreuungsschlüssel seien notwendig. Neos-Bildungssprecher Hoyos-Trauttmansdorff sprach sogar vom "Bildungsgarten". Maturant Gabriel Bremer, Teil der partizipativen Jugendplattform Yep, stellte im Anschluss die Gretchenfrage: "Wenn man sich einig ist, warum ist dann die Umsetzung so schwer?" Ex-Bildungsministerin Hammerschmid wusste von Hürden in Form von zwei F – Finanzierung und Föderalismus – zu berichten.

Auch sonst taten sich ein paar Gräben auf, einer davon ein bildungspolitischer Evergreen: Die gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen steht für ÖVP und FPÖ nicht zur Diskussion. "Man kann nicht jedes Kind über das Gießkannenprinzip unterrichten", sagte der Wiener FPÖ-Gemeinderat Michael Stumpf. Hitzig wurde es, als es um das türkis-blaue Lieblingsprojekt, die Deutschförderklassen, ging. Als Therese Niss, die Digitalisierungssprecherin der ÖVP, über die katastrophalen Bedingungen in Wiener Schulen spricht, in denen 80 Prozent der Schüler des Deutschen nicht mächtig sind, fällt ihr die Kandidatin der Grünen, Sibylle Hamann, ins Wort: "Und in Deutschförderklassen mit 100 Prozent soll's klappen?" Gelächter im Publikum.

Parteiübergreifende Kooperation

Die anwesenden Experten wünschen sich jedenfalls mehr Mitsprache. Im Zentrum sollen die Kinder stehen. "Dazu muss man den Pädagoginnen und Pädagogen zuhören, sie sind am Kind am nächsten dran", ergänzt Martina Piok, Leiterin der Initiative Cool, die pädagogisches Personal im kooperativen Arbeiten ausbildet. Auch an den Absichtserklärungen zur Elementarpädagogik gab es Kritik: In den Statements zu Bildung gehe es meistens nur um Lehrerinnen und Lehrer. "Die Gleichwertigkeit fehlt", beanstandet Expertin Martina Genser-Medlitsch.

Statt des parteipolitischen Hickhacks fordert man einen gemeinsamen Bildungsplan, der über Jahrzehnte geht. In einer abschließenden "Ja oder Nein"-Runde äußerten alle Vertreter dazu ihre Zustimmung. Auch über die Einführung eines formalen Bildungsabschlusses am Ende der mittleren Reife herrschte Einigkeit. Darauf, ob es dafür auch ein Plus im Bildungsbudget brauche, wollte man sich dann nicht so schnell festlegen. Die Praxis wird es weisen. (Franziska Windisch, 9.9.2019)