Im März sah man einander in Wien, in München sieht man sich andauernd. Am Montag sehen sich Alaba und Lewandowski ausnahmsweise in Warschau.

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Polen hat ein Nationalstadion, es steht nicht irgendwo in einer nahezu unerreichbaren Einöde (eine Art Bruck an der Leitha), sondern in der Hauptstadt Warschau. Es fasst 55.000 Zuschauer, heißt PGE Narodowy. ÖFB-Präsident Leo Windtner frisst der Neid. Er ist trotzdem bestens aufgelegt, das 6:0 am Freitag in Salzburg gegen Lettland hat ihm ausgezeichnet gefallen. "Wir haben es in der eigenen Hand, uns für die EM zu qualifizieren." Tabellenführer Polen wurde zur gleichen Zeit in Laibach von Slowenien gedemütigt (0:2), Teamchef Jerzy Brzeczek sprach von einer "kalten Dusche", einer "völlig verdienten Niederlage".

Superstar Robert Lewandowski vereinsamte im Strafraum, seine Körpersprache war recht traurig, hängende Schultern, leerer Blick. Österreichs Tormann Cican Stankovic hatte bei seinem Debüt gegen Lettland übrigens noch weniger Bälle bekommen. Am Montag steigt also der Schlager in Gruppe G (20.45 Uhr, ORF 1 und im STANDARD-Live-Ticker), Lewandowski erklärte den Gast zum Favoriten. "Die haben einen Lauf." Und dann machte der 31-Jährige einen verbalen Rückzieher: "Wir spielen aber daheim."

Beste Stimmung

Österreich wird sicher nicht wie gegen das mitleiderregende Lettland 72 Prozent Ballbesitz haben, auch ein Schussverhältnis von 31:1 ist völlig auszuschließen. Die Nationalmannschaft kam aus Salzburg angeflogen, landete Sonntagmittag im verregneten Warschau. Die Stimmung war bestens, lauter glückliche Fußballer. Über Polens Niederlage hat man sich nur bedingt gefreut, der Weltranglisten-20. wird um eine Wiedergutmachung bemüht sein. Teamchef Franco Foda: "Wir müssen in erster Linie auf uns selbst schauen."

Was die Aufstellung betrifft, hielt er sich gewohnt bedeckt, es gibt aber maximal einen Grund, etwas zu ändern. Sollte er in der Abwehr auf Dreierkette umstellen, könnte Stefan Ilsanker rein- und Andreas Ulmer rausrutschen, das ist Kaffeesudleserei. Das 4-2-3-1-System hat zuletzt einwandfrei funktioniert, Foda sagte: "Wir sind variabel, beherrschen mehrere Systeme." Man wolle den Schwung mitnehmen, wohlwissend, "dass Polen ein anderes Kaliber ist. Sie haben in der Offensive enorme Qualitäten, in der Defensive sind sie verwundbar." Die Mannschaft müsse seriös und konzentriert auftreten, viel laufen, die Bälle erobern, schnell umschalten. "Wir werden ein klares Gesicht zeigen. Die Ausgangslage in der Gruppe ist spannend."

Arnautovic jagt Janko

Marko "Ich bin eben ein Monster" Arnautovic hat Kritiker, die meinten, der Wechsel nach China habe ausschließlich finanzielle Gründe und würde die fußballerischen Qualitäten mindern, ruhiggestellt. Ätsch. Nach seinen zwei Treffern gegen Lettland hält er bei 26 Stück. Er ist dem zurückgetretenen Marc Janko (28 Tore) dicht auf den Fersen. Anton Schall (27) liegt dazwischen, Rekordler Anton Polster (44) ist weit weg, das dürfte sich für den 30-Jährigen in diesem Leben kaum ausgehen. Foda über den nach Anerkennung lechzenden Arnautovic: "Meine Anerkennung hat er."

Lewandowski trifft einen Kumpel von Bayern München, David Alaba. Sie haben den Heuler im Vorfeld nicht wirklich thematisiert, Alaba verriet den Inhalt dieser praktisch nie geführten Unterhaltung. "Tschau, wir sehen uns in Warschau, habe ich gesagt, mehr war nicht." Lewandowski hält bei 107 Länderspielen und 57 Toren, Alaba bei 70 beziehungsweise 13. Er ist um fünf Jahre jünger und kein Stürmer. Seit 2014 dienen sie gemeinsam den Bayern (fünf Meistertitel). Alaba sang eine kurze Hymne auf den Kollegen. "Absolute Weltklasse, er wird regelmäßig Schützenkönig, weiß, wo das Tor steht, was soll man da schon sagen, das sieht eh jeder." In der Bundesliga erzielte er die ersten fünf Goals. "Er ist im Verein extrem gut aufgelegt."

Beide sind ausgewiesene Freistoßspezialisten, das beschert mitunter vor der Ausführung höfliche Diskussionen. Dieses Problem stellt sich am Montag nicht, Lewandowski ist für Polen, Alaba für Österreich zuständig. Wobei der gegen Lettland brillante Marcel Sabitzer eine Alternative ist. Was die Bayern-Legionäre eint und trennt, ist der Vorsatz. "Wir wollen unbedingt gewinnen", sagen sie. Zum Auftakt der Quali siegte Lewandowski im März in Wien 1:0, das Tor schoss allerdings Krzysztof Piatek. Foda: "Damals herrschte Weltuntergangsstimmung. Die Zeiten ändern sich." (Christian Hackl aus Warschau, 8.9.2019)

EM-Qualifikation, Gruppe G, 6. Runde, Montag

Polen – Österreich
Warschau, Stadion Narodowy, 20.45 Uhr (live ORF 1), SR Kassai (HUN)

Mögliche Aufstellungen:

Polen: Fabianski (West Ham, 51 Länderspiele) – Kedziora (Dynamo Kiew, 12/0 Tore), Glik (Monaco, 68/5), Bednarek (Southampton, 16/1), Bereszynski (Sampdoria, 20/0) – Zielinski (Napoli, 46/6), Klich (Leeds, 20/2), Krychowiak (Lok Moskau, 64/3), Grosicki (Hull, 69/13) – Lewandowski (Bayern, 107/57), Piatek (Milan, 7/4)

Ersatz: Szczesny (Juventus, 42), Skorupski (Bologna, 3) – Gumny (Lech Posen, 0), Rybus (Lok Moskau, 54/2), Pazdan (Ankaragücü, 38/0), Jedrzejczyk (Legia Warschau, 39/3), Cionek (SPAL Ferrara, 21/0), Bielik (Derby, 1/0), Goralski (Ludogorez, 11/0), Linetty (Sampdoria, 23/1), Blaszczykowski (Wisla Krakau, 107/21), Szymanski (Dynamo Moskau, 0), Kownacki (Düsseldorf, 5/1)

Fraglich: Glik (Oberschenkelprobleme)

Es fehlt: Milik (Adduktorenverletzung)

Österreich: Stankovic (Salzburg, 1) – Lainer (Mönchengladbach, 16/0), Dragovic (Leverkusen, 75/1), Hinteregger (Frankfurt, 42/3), Ulmer (Salzburg, 13/0) – Baumgartlinger (Leverkusen, 69/1), Laimer (Leipzig, 3/1) – Lazaro (Inter, 24/2), Sabitzer (Leipzig, 38/6), Alaba (Bayern, 70/13) – Arnautovic (Shanghai SIPG, 82/26),

Ersatz: Pervan (Wolfsburg, 0), A. Schlager (LASK, 0) – Lienhart (Freiburg, 1/0), Posch (Hoffenheim, 1/0), Ilsanker (Leipzig, 37/0), Grillitsch (Hoffenheim, 15/1), Schaub (Köln, 12/5), Kainz (Köln, 15/0), Onisiwo (Mainz, 4/0), Goiginger (LASK, 0), Gregoritsch (Augsburg, 12/2), Hinterseer (HSV, 12/0)

Es fehlen: X. Schlager (Knöchelbruch), P. Zulj (Nasenbeinbruch), Wolf (Knöchelbruch), Stöger (Kreuzbandriss)