Die türkis-blaue Regierung hinterließ in der Verkehrspolitik Lücken.

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In der Verkehrspolitik finden sich die größten Versäumnisse der türkis-blauen Regierung. Wer Weichenstellungen in Richtung der von der EU – mit Beteiligung Österreichs – beschlossenen Liberalisierung samt Wettbewerb im öffentlichen Verkehr erwartet hat, wurde enttäuscht. Die ÖVP spuckte zwar noch 2017 große Töne, forderte vom Koalitionspartner SPÖ das Aus für das ÖBB-Monopol zumindest im öffentlich finanzierten, überregionalen Personenverkehr. Nach der Regierungsbildung vor Weihnachten überließ sie den Freiheitlichen dann das Verkehrsministerium und scherte sich nicht mehr um die dort notwendigen Entscheidungen und Weichenstellungen.

Das wird sich nicht sofort rächen, aber spätestens in zehn, fünfzehn Jahren. Bis dahin darf die ÖBB im geschützten Raum des öffentlichen Nahverkehrs herumkurven und erhält selbiges ebenso vom Staat abgegolten wie die Anschaffung von Reisezugwagen und den "angemessenen Gewinn", der gemäß EU-Verordnung selbst mit unrentablen Pendlerzügen einzufahren ist.

Das böse Erwachen kommt, spätestens wenn ab 2033 der Wettbewerb nicht mehr zu verhindern ist. Dann werden der ÖBB in- oder ausländische Mitbewerber um die Ohren fahren – um weniger Geld, aber mit besserer Qualität. Doch Eigentümervertreter, die Eisenbahner als ihre Hausmacht sehen und denen das Geld der Steuerzahler locker sitzt, denken nicht so weit.

Ja, die mit Milliarden-Bauaufträgen überfrachtete Staatsbahn muss mit öffentlichen Aufträgen am Laufen gehalten werden. Aber man sollte sie wenigstens in einzelnen Regionen auf gesunde Konkurrenz vorbereiten. (Luise Ungerboeck, 9.9.2019)