Die Zusammensetzung des Mikrobioms auf der ISS unterscheidet sich kaum von jener in unseren heimischen Badezimmern.

Illustr.: Nasa

Bacillus methylotrophicus schien sich laut einer früheren Untersuchung im All sogar wohler zu fühlen als auf der Erde.

Foto: Alex Alexiev, UC Davis

Graz – Leben im Weltraum unterscheidet sich kaum von jenem auf der Erde – zumindest wenn es um die Zusammensetzung des Mikrobioms auf der Internationalen Raumstation ISS geht. Wissenschafter von der Medizinischen Universität Graz haben sich die dort vorkommenden Mikroorganismen genauer angesehen und nur wenige Differenzen festgestellt. So entdeckten sie beispielsweise, dass die Einzeller auf der ISS besonders gut "schlafen".

Der Mensch trägt etwa 100 Billionen Mikroorganismen mit sich. "Die meisten befinden sich im Darm und auf der Haut", erläuterte Christine Moissl-Eichinger, Professorin für Interaktive Mikrobiomforschung. Die Organismen übernehmen im Körper wichtige Aufgaben und Funktionen und reisen natürlich auch mit den Astronauten ins Weltall. Seit dem Jahr 2000 ist die hermetisch abgeriegelte ISS permanent durch eine Crew bewohnt und damit auch die Heimat unzähliger Mikroorganismen geworden.

Im Weltraum herrschen andere Bedingungen

Daraus ergeben sich möglicherweise verschiedene Probleme: Mikroorganismen können in der Raumstation beispielsweise zu einem Risiko für die Technik an Bord werden, da sie Oberflächen angreifen können. Zudem ist das Immunsystem der Astronauten im Weltraum herabgesetzt, wodurch sie empfänglicher für mikrobielle Infektionen werden. "Aus diesen Gründen muss das Mikrobiom an Bord eines Raumschiffes kontrollierten Bedingungen unterliegen", so die Forscherin.

Im Rahmen des von der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projektes "Archaeelle und bakterielle Extremophile an Bord der Internationalen Raumstation – ARBEX" wurden die Auswirkungen der Bedingungen der ISS auf die Diversität und Funktion der Mikroorganismen an Bord untersucht. Die Resultate wurden nun im Fachjournal in "Nature Communications" präsentiert.

US-Astronaut Jack Fischer nahm für dieses Projekt 2017 Wischproben von verschiedenen Oberflächen in der ISS – etwa im Columbus Modul sowie bei den Schlafplätzen der Astronauten und beim sogenannten WHC (waste and hygiene compartment; Anm.) inklusive dem Toilettenbereich.

Klassisches Badezimmer-Mikrobiom

Die Wischproben wurden mittels "next-generation sequencing" und kultivierungsbasierten Ansätzen analysiert. Das internationale Team – neben Österreich waren auch Kollegen aus Deutschland, Großbritannien, Russland und den Niederlanden beteiligt – gab Entwarnung: "Das ISS-Mikrobiom unterscheidet sich bezüglich Antibiotika-Resistenzen und anderer, möglicherweise gesundheits-beeinträchtigenden Eigenschaften, nicht vom Mikrobiom einer Innenraum-Umgebung auf der Erde und entspricht etwa einem klassischen Badezimmer-Mikrobiom, bestehend aus einer Mischung von Haut-, Darm- und Umgebungsmikroorganismen."

Was die Mikroben auf der ISS aber besonders gut können sei "schlafen", Austrocknung überstehen und mit Oberflächen interagieren. "Besonders die metallischen Oberflächen scheinen die Mikroben unter Stress zu setzen", so Moissl-Eichinger. Metall- und Oberflächen-assoziierte Funktionen wurden auf genomischer Ebene deutlich erhöht nachgewiesen und durch weitere Versuche im Labor belegt. Zudem wurden mehrere hundert Mikroorganismen von der ISS isoliert, darunter Bakterien und Pilze, die für weitere Versuche nun zur Verfügung stehen.

Obwohl keine offensichtliche "Gefahr" vom Mikrobiom innerhalb eines Raumschiffs für den Menschen ausgeht, müssen Qualitätsstandards und Monitoring für den bemannten Raumflug entwickelt werden, um die Stabilität des Kernmikrobioms zu gewährleisten und Epidemien oder technische Schwierigkeiten zu verhindern. Besonders im Hinblick auf eine mögliche Mars-Mission, die mehr als 500 Tage dauern wird, sei ein gesundes Mikrobiom wichtig. (red, APA, 9.9.2019)