New York – Nach seinem Sieg bei den US Open fehlt Rafael Nadal nur noch ein Grand-Slam-Titel auf Rekordhalter Roger Federer. Doch von der Jagd auf Bestmarken wollte Nadal nach einem epischen Finalerfolg über Daniil Medwedew nichts wissen. "Daran denke ich überhaupt nicht. Ich stehe dafür nicht jeden Tag auf dem Trainingsplatz, spiele deswegen nicht Tennis. Ich spiele Tennis, weil ich es liebe", sagte Nadal.

Für seinen 19. Grand-Slam-Triumph musste der 33-jährige Spanier im drittlängsten Finale in der Geschichte des Klassikers von Flushing Meadows allerdings hart arbeiten. Nach 4:51 Stunden ging er schließlich mit 7:5, 6:3, 5:7, 4:6, 6:4 vom Platz und – weinte. Als auf dem großen Videowürfel im Arthur Ashe Stadium die Bilder von seinen bisherigen Grand-Slam-Siegen gezeigt wurden, konnte er seine Tränen nicht mehr unterdrücken.

Auf einem Stuhl auf dem abgedunkelten Centre Court sitzend verfolgte er bewegt die Szenen seiner Triumphe von 2005 bis heute. "Ich versuche eigentlich immer, meine Emotionen unter Kontrolle zu halten. Aber in diesem Moment war es unmöglich. Das war unvergesslich", sagte Nadal.

US Open Tennis Championships

Mit dem 23 Jahre jungen und nach einer beeindruckenden Siegesserie in diesem Sommer extrem selbstbewussten Medwedew stand Nadal im Finale einer der unbequemsten und gefährlichsten Gegner gegenüber. Der Russe gehört jener Gruppe von aufstrebenden Spielern an, die von der ATP so gerne als Next Generation vermarktet wird. Medwedew, Alexander Zverev, Stefanos Tsitsipas – sie sollen bald die drei großen Superstars Roger Federer, Rafael Nadal und Novak Djokovic ablösen.

Doch die großen Drei haben noch zu viel Spaß an dem, was sie tun, treiben sich gegenseitig immer wieder zu Höchstleistungen an. "Diese drei, das sind Legenden", sagte Medwedew, die neue Nummer 4 der Welt, ehrfürchtig. "Es ist so verdammt schwer, sie zu schlagen, sogar einfach nur einen Satz, manchmal sogar einfach nur ein Spiel gegen sie zu gewinnen."

Die letzten zwölf Grand-Slam-Turniere hieß der Sieger immer entweder Djokovic, Nadal oder Federer. Drei lange Jahre konnte niemand in diese Phalanx einbrechen. Der letzte Champion, der nicht aus dem Kreis der großen Drei kam, war der Schweizer Stan Wawrinka bei den US Open 2016.

Am Sonntag hätte er fast Medwedew geheißen. Denn nachdem Nadal zweieinhalb Sätze lang relativ unspektakulär auf seinen vierten Triumph bei den US Open zusteuerte, begann der Russe plötzlich Alles oder Nichts zu spielen.

"Im dritten Satz habe ich mir schon Gedanken gemacht, was ich gleich bei der Siegerehrung als Verlierer so sage", sagte Medwedew nach der Partie. "Aber die Fans haben mich so laut unterstützt, dass ich einfach weiter um jeden Punkt gekämpft habe." Er hat nun, immerhin, auch seinen Platz bei den ATP-Finals fix.

Wie aus dem Nichts holte sich Medwedew den dritten Durchgang und zwang Nadal dann sogar in den Entscheidungssatz. Die Fans tobten, Nadal wackelte. Mehrere Strafen wegen Zeitspiels musste der Spanier hinnehmen, doch genau daraus zog er wieder Energie für die Wende. Mit dem dritten Matchball machte er alles klar und ließ sich dann völlig erschöpft auf den Boden fallen.

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Noch einmal hatte er den Ansturm eines der jungen Wilden abgewehrt. "Ich fühle mich geehrt, Teil dieser Schlacht gewesen zu sein", sagte Nadal. "Ihm gehört die Zukunft. Ich bin mir sicher, dass er die Chance hat, einige Grand Slams zu gewinnen."

Bei den Damen hatte am Samstag die 19 Jahre alte Kanadierin Bianca Andreescu gegen die 37 Jahre alte Serena Williams gewonnen. Andreescu ist die erste in diesem Jahrtausend geborene Spielerin, die ein Grand-Slam-Turnier gewinnen konnte. Bei den Männern muss die Wachablösung dagegen noch ein bisschen warten.

Zufrieden bilanzierten jedenfalls die Veranstalter, die von insgesamt 737.872 Besuchern sprachen – gut 5.000 mehr als beim bisherigen Rekord vor einem Jahr. Das 23.771 Zuschauer fassende Arthur Ashe Stadium, die größte Arena auf der Anlage, war bei 23 von 24 Sessions ausverkauft. (APA, 9.9.2019)