Eigentlich füllt man in Güssing nur gutes Mineralwasser ab.

Güssinger/Muik; Seywald

Nun geriet die Quelle in den Fokus dubioser Finanzspekulanten.

Güssinger/Muik; Seywald

Am Anfang – oder am Ende – steht die Watsche. Der auch als Ibizenker bekannte FPÖ-Politiker Johann Gudenus hatte, so liest und hört man, unlängst eine einschlägige Begegnung im Wiener Hotel Marriott. Wer wen warum ohrfeigte, ist nicht so weit gesichert, dass es zu schreiben wäre. Gesichert aber ist vieles in dieser – über den reinen Watschentanz weit hinausgehenden – Affäre.

Denn die Hemdsärmeligkeit drehte sich, so schrieb es vor ein paar Tagen nicht nur der Kurier, um einen handfesten Streit um die Eigentümerschaft an der traditionsreichen Mineralwasserquelle im südburgenländischen Güssing.

Wer das Sagen hat

Die Güssinger Mineralwasser GmbH gehört einer Finstil Holding, die ihrerseits einer E&A Beteiligung GmbH gehört, in welcher jener Austrorusse namens Andrej Kotchetkov das Sagen hat, gegen den ermittelt wird wegen Anstiftung zum Mord.

Diese Finstil Holding kam mit Güssinger freilich in einige gravierende finanzielle Fisimatenten. Man suchte also einen Investor, der bereit war, für runde zehn Millionen Euro geradezustehen. Und man fand diesen in einem bulgarischen Konsortium, welches 2019 einstieg und 10,6 Millionen an Verbindlichkeiten bei einer russischen Bank übernahm.

Im Gegenzug durfte es die Hand auf Liegenschaften, Wasserrechte und Ähnliches legen. Darüber, so erweckt es den Eindruck, tobt nun ein Streit bis hin zur strizziartigen Handgemeinheit. Dass diese unmittelbar mit dem Thema "Güssinger" zu tun habe, bestreitet Gudenus am Dienstag allerdings im "Kurier": "Ich habe mit Güssinger sicher nichts zu tun", sagt er dem Blatt. Die mutmaßliche Watsche stehe vielmehr im Zusammenhang mit Personen, die sein Treffen fotografiert hätten. Gudenus habe sich auch an die Polizei und den Wiener Verfassungsschutz gewendet.

Dubios und anrüchig

Dem Diskonter Hofer jedenfalls, der rund 80 Prozent des Umsatzes ausmachte, schien die ganze Angelegenheit um den Wasserbetrieb so dubios bis anrüchig, dass er das Güssinger Mineralwasser ausgelistet hat. Auch dem Firmenbuchgericht schien die Angelegenheit nicht ganz koscher. Der von den Bulgaren vorgeschlagene Geschäftsführer wurde abgelehnt. Seit Juli amtiert Anatolii Boikiv.

Allerdings mutmaßt nun die Liste Jetzt, also Peter Pilz mit seinem Rechercheteam, dass besagter Boikiv bloß ein Strohmann wäre für den einstigen FPÖ-Mandatar Thomas Schellenbacher. Sagt die Liste Jetzt.

Und die sagt auch, dass hinter Schellenbacher eigentlich ein ukrainischer Oligarch stünde; Victor Babuschchak, der sich groß eingekauft hat auf dem Semmering und dort das traditionsreiche Grand Hotel Panhans erworben hat.

Die Liste Jetzt – jetzt darf man ruhig sagen, es gehe ins Spekulative – vermutet in der schönen Mann-gegen-Mann-Affäre im Marriott, mittels derer man sich offenkundig darauf verständigen wollte, wer bei den Güssingern nun wirklich das Sagen habe, noch Brisanteres: In dem sattsam bekannten Video aus Ibiza wurde ja übers mögliche Verkaufen österreichischen Wassers geredet.

Güssinger Ibiza

Herta Emmer, Bundesgeschäftsführerin der Pilz-Liste, glaubt nun, "dass da nicht bloß übers Wasser im Allgemeinen geredet worden ist". Sondern ganz konkret über das Güssinger. Und dass es dabei um eine gut geplante Geldwäscheaktion gegangen sei. "Da sind zehn Millionen Euro bar übergeben worden. Das muss man sich vorstellen, das geht ja nicht im Plastiksackerl."

Gewiss jedenfalls ist, dass hier ein Unternehmen in den Fokus von Finanzspekulanten geraten ist, das immerhin auf eine 200 Jahre alte Geschichte zurückblickt. Man sagt, dass schon die Römer die mineralreiche Quelle genutzt haben.

Rund 30 unmittelbare Mitarbeiter – das ist viel für eine der strukturschwächsten Regionen Österreichs, die auch darunter leidet, dass die Hoffnungen, die man über viele Jahre in die erneuerbare Energie gesteckt hat, vorderhand einmal gescheitert sind.

Oder gescheitert zu sein scheinen. Denn wer weiß? (Wolfgang Weisgram, 10.9.2019)