Das Dahinscheiden der Dinosaurier dürfte schon lange vor der welterschütternden Katastrophe begonnen haben. Statistische Analysen lassen vermuten, dass bereits 50 Millionen Jahre bevor ein zwischen zehn und 15 Kilometer großer Asteroid die Erde traf, der Niedergang der Riesenechsen eingesetzt hatte, um den Säugetieren allmählich das Feld zu überlassen. Aber selbst wenn sich die Dinosaurier vor 66 Millionen Jahren noch auf dem aufsteigenden Ast ihrer Entwicklung befunden hätten, den dramatischen Auswirkungen der Impaktkatastrophe wären sie mit hoher Wahrscheinlich nicht entkommen. Immerhin verschwanden bei dem Massenaussterben an der Kreide-Paläogen-Grenze rund Dreiviertel aller damals existierenden Tierarten.

Dass jener Brocken aus dem All, der am heutigen Nordrand der mexikanischen Halbinsel Yucatán einen annähernd 200 Kilometer durchmessenden und zehn Kilometer tiefen Krater in der Erdkruste geschlagen hat, dafür verantwortlich war, ist mittlerweile weitgehend unbestritten. Weniger klar sind sich die Paläontologen jedoch darüber, welche unmittelbaren Folgen der Asteroideneinschlag damals zeigte.

Der kilometergroße Asteroid veränderte drastisch den Gang der Evolution auf unserem Planeten.
Illustr.: NASA/Don Davis

Als die Welt in Flammen stand

Zumindest aber fanden sich Hinweise auf gewaltige Tsunamis, weltweite Buschfeuer und eine Verdunkelung des Himmels, die unter anderem auf Kohlepartikel und frei werdenden Schwefel zurückzuführen war. Dieses Szenario eines regelrechten Weltenbrandes konnte nun durch die Auswertung eines Bohrkerns direkt aus dem Chicxulub-Krater weiter untermauert werden, wie ein Team um Sean Gulick von der Universität Texas (USA) im Fachjournal "PNAS" berichtet.

Auf Basis der neuen Erkenntnisse schildert der Paläontologe Steve Brusatte recht bildhaft und drastisch die Auswirkungen des Impakts auf eine Tausende Kilometer entfernte Region: "Keine 15 Minuten nachdem das Rudel der T. rex vom ersten Lichtblitz aufgeschreckt worden war, war es tot – und das galt wohl auch für die meisten Dinosaurier, mit denen sie zusammengelebt hatten. Die früher üppigen Waldlandschaften und Flusstäler standen in Flammen."

In den Bohrproben aus dem Chicxulub-Krater entdeckten die Forscher Kohlerückstände sowie geschmolzenes Gestein. Was sie allerdings nicht fanden, war Schwefel, der dort eigentlich vorhanden sein sollte.
Foto: International Ocean Discovery Program

Proben von Ground Zero

An der Studie war auch Ludovic Ferriere vom Naturhistorischen Museums Wien (NHM) als Mitglied jener Expedition beteiligt, bei der die Bohrkerne vom "Ground Zero" gewonnen wurden. Der untersuchte Kern stammt aus einem Abschnitt einer ringförmigen Hügelkette ("Peak Ring") im Krater, einem Abschnitt, der heute unter Wasser liegt. An dieser Stelle bildete sich in den 24 Stunden nach dem Einschlag eine 130 Meter dicke Schicht von Ablagerungen, wie die Wissenschafter schreiben.

Verursacht wurden die Sedimente von den enormen Tsunamis, die der Asteroid ausgelöst hat. Diese gigantischen Wellen lagerten unter anderem Holzkohle in dem Krater ab – und diese seien nach Ansicht des Teams um Gulick klare Hinweise auf Buschbrände, die vom Einschlag ausgelöst wurden. Der erste Tsunami könnte Meerwasser bis weit ins Innere der umliegenden Kontinente gebracht haben, beim Zurücklaufen des Wassers ins Meer dürften dann verkohlte Pflanzenreste mitgerissen worden sein.

Chicxulub ist der einzige bekannte Krater auf der Erde mit einem intakten "Peak Ring". Auf dieser Schwereanomalie-Karte ist er als innerer Kreis erkennbar.
Foto: USGS

Schwefel verdunkelte den Himmel

Darüber hinaus fanden die Forscher Hinweise darauf, dass es vor allem schwefelhaltige Aerosole waren, die nach dem Asteroideneinschlag das Weltklima veränderten. Wie man es auch von Vulkanausbrüchen kennt, schirmen die schwefelhaltigen Aerosole das Sonnenlicht teilweise ab. In der Folge kann sich die Fotosynthese der Pflanzen verringern und Nahrungsketten können zusammenbrechen. Damals könnte dies wesentlich dazu beigetragen haben, dass letztlich etwa 75 Prozent aller Tierarten zugrunde gingen.

"Der einzige Weg zu einem globalen Massensterben wie diesem ist ein atmosphärischer Effekt", erklärt Gulick. Gemeinsam mit Kollegen untersuchte er den Anteil an schwefelhaltigen Gesteinen im Bohrkern. Dieser lag unter einem Prozent, obwohl das Grundgestein 30 bis 50 Prozent davon enthält. Die Forscher werten dies als Hinweis darauf, dass Schwefelverbindungen, etwa durch Verdampfen, in großen Mengen in die Atmosphäre gelangt waren. (tberg, red, APA, 10.9.2019)