Ein Studienabschluss bedeutet hierzulande nicht, dass auch die Wahrscheinlichkeit steigt, einen Job zu finden. Grund dafür ist vor allem die gute Performance der berufsbildenden Schulen.

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Erst einmal fleißig am Studienabschluss doktern, dann tut man sich auch bei der Arbeitssuche leichter. In vielen Fällen mag das zutreffen, statistisch gesehen ist das in Österreich aber nicht unbedingt so. Denn ein Studienabschluss bedeutet hierzulande nicht, dass auch die Wahrscheinlichkeit steigt, einen Job zu finden – im Unterschied zum internationalen Trend. Zu diesem Schluss kommt die Studie "Bildung auf einen Blick", die von der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) am Dienstagvormittag veröffentlicht wurde.

So weist die Beschäftigungsquote von 25- bis 34-jährigen Akademikern denselben Wert auf wie jene von gleichaltrigen Absolventen der Sekundarstufe II – nämlich 85 Prozent. Letztere umfasst unter anderem polytechnische Schulen, Berufsschulen und Lehren, berufsbildende mittlere Schulen sowie die AHS-Oberstufe.

Im ersten Moment mag das überraschend anmuten, es ist aber letztlich auch das Ergebnis einiger Eigenheiten des österreichischen Bildungssystems. Ausschlaggebend ist vor allem die Stärke der berufsbildenden Schulen. Denn während die Beschäftigungsquote im Tertiärbereich im OECD-Schnitt liegt, sind die Chancen für einen Job nach einem Abschluss im Sekundarbereich II deutlich höher als im Durchschnitt.

Niedrige Akademikerquote

Österreichs Akademikerquote ist traditionell niedrig. Eine Steigerung ist zwar zu beobachten – von 33 auf 40 Prozent in zehn Jahren. Sie liegt aber immer noch vier Prozentpunkte unter dem OECD-Schnitt. Betrachtet man europäische Länder, liegen nur Deutschland, Italien und Tschechien deutlich darunter. Enthalten sind darin neben Uni-Abschlüssen auch solche der BHS. Rechnet man diese weg, kommt man nur auf etwa 18 Prozent. Besonders der Bachelor ist in Österreich noch nicht recht angekommen.

Vor 20 Jahren hatten 29 europäische Staaten erklärt, im Rahmen des Bologna-Prozesses gemeinsam Hochschulpolitik zu machen. Ziel des Vorhabens war die europaweite Vereinheitlichung des Studiensystems, die unter anderem die Unterteilung in Bachelor und Master sowie das ECTS-Punkte-System zur Folge hatte. Letzteres soll die internationale Mobilität der Studierenden erleichtern.

Sonderfall Bachelor

Ein Bachelor-Studiengang ist auf Österreichs Arbeitsmarkt jedoch nicht allzu beliebt. Nur 78 Prozent der Bachelor-Absolventen im erwerbsfähigen Alter haben demnach einen Job. Im Durchschnitt sind 85 Prozent der Bachelor-Absolventen in Beschäftigung. Geringere Werte als Österreich weisen nur Griechenland, Italien, die Türkei, die Slowakei und Südkorea auf.

Bei Spitzenreitern wie Norwegen, Litauen, den Niederlanden oder Großbritannien liegt der Wert über 90 Prozent. Selbst BHS-Absolventen kommen auf eine höhere Beschäftigungsquote. Das Nachsehen haben Personen mit Pflichtschulabschluss. Hier liegt die Beschäftigungsquote bei 55 Prozent. In einem gewissen Rahmen steigen mit zunehmendem Bildungsstand auch die Beschäftigungsquoten.

Jugendliche schließen entweder eine berufsbildende Schule ab, die für die OECD auch Teil der tertiären Ausbildung ist, oder entscheiden sich gleich für die Fortsetzung der Ausbildung im Rahmen eines Master-Studiengangs. Das kann auch daran liegen, dass das österreichische Hochschulsystem zu 94 Prozent durch den Staat finanziert wird. Studieren ist deshalb vergleichsweise günstig. Mehr als drei Viertel der Studierenden nutzen die öffentlichen Einrichtungen auch.

Das mag vielleicht auch ein Grund sein, wieso sich Österreichs Studierende viel Zeit für den Bachelor lassen. Nur 26 Prozent schließen in der Regelstudienzeit ab. Der OECD-Schnitt liegt bei 39 Prozent.

Das österreichische Konzept der berufsbildenden Schulen wird von der OECD besonders gelobt.
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Berufsbildung als Plus

Zudem spielt auch eine Rolle, was und wann man studiert hat. In technischen und naturwissenschaftlichen Fächern tut man sich leichter, einen Job zu finden, sie zeichnen sich auch durch die höchsten Verdienste aus. Generell tun sich junge Akademiker wesentlich schwerer auf dem Arbeitsmarkt als ältere. Hier zeigt sich in Österreich eine im OECD-Vergleich hohe Diskrepanz.

Österreichs Schüler zieht es besonders in berufsbildende Schulen. Dieses Konzept wird auch von der OECD positiv hervorgehoben. Nirgends sonst erwerben so viele Schüler auch eine Berufsqualifikation. Insgesamt sind es 77 Prozent – sei das in Form einer Lehre oder des Abschlusses einer berufsbildenden Schule. Ähnlich hohe Zahlen weisen hier nur Slowenien und Tschechien auf. Im EU-Durchschnitt sind es lediglich 46 Prozent, der OECD-Durchschnitt kommt überhaupt nur auf 40 Prozent.

Der österreichische Fokus auf die berufsbildenden Schulen hilft, Jugendliche mit praktischen Interessen länger in einer Ausbildung zu halten und so auch ihre Jobchancen zu erhöhen. Auch der Übergang in den Tertiärbereich ist im OECD-Vergleich leicht. Etwa die Hälfte schließt ein Bachelorstudium an. Im OECD-Schnitt sind es nur 28 Prozent. Absolventen einer berufsbildenden Schule beenden ihr Bachelorstudium auch deutlich häufiger als solche, die nicht aus einer berufsbildenden Schule kommen.

Politik fühlt sich bestätigt

Auch Bildungsministerin Iris Rauskala verweist auf die hohen Jobchancen für Absolventen der Sekundarstufe II. Mit Blick auf die Arbeitslosenquote von Personen, die lediglich über einen Pflichtschulabschluss verfügen, betont Rauskala auch, dass ein höherer Bildungsabschluss sehr wohl die Jobchancen erhöht. Auch zu den übrigen Ergebnissen der Studie äußerte sich Rauskala durchaus positiv. (Franziska Windisch, 10.09.2019)